WIENER STAATSOPER: 27. 3.2015 „TOSCA“
Die zweite Aufführung in dieser Serie (die 580. in dieser Inszenierung) bot einen ähnlichen Eindruck wie die erste. Am Pult sorgte Philippe Auguin meist für „ent-spannende“ Tempi und brachte die Sänger damit einige Male an ihre Grenzen. In der Titelrolle war wieder einmal Norma Fantini in ihrer Leibpartie zu hören. Ihre Interpretation ist mittlerweile veristischer geworden. Am Ende des Gebets versucht sie nicht, sich auf eine möglichst makellose Stimmführung zu konzentrieren, sondern läßt ihre Verzweiflung in einer fast tränenerstickten Schlussphrase spüren.
Auch ihr Cavaradossi, Marcello Giordani, lässt am Ende des E lucevan le stelle aufhorchen, weil er das in einem schicksalergebenen Piano beschließt. Seine kraftvollen Ausbrüche (La vita mi costasse, Vittoria) kommen mit bombensicherer, glänzender Höhe, auch wenn diese meist mit einem kleinen Schluchzer erreicht wird. Marco Vratogna leidet hörbar am meisten unter den bedächtigen Tempi. Da gelingen kaum Legatophrasen und das Va, Tosca im Trauermarschtempo klingt wie buchstabiert. Nicht nur beim Te Deum, sondern auch im zweiten Akt gelingt es dem Orchester, ihn gnadenlos (oder gnädigerweise) zu überdecken. In der Darstellung ist er weder brutaler Machtmensch, noch zynischer Genießer und so ist es kein Wunder, wenn sich Tosca nach dem Mord fragt: E avantia a lui tremava tutta Roma ?
Positiv ragt aus dem restlichen Ensemble der Spoletta von Benedikt Kobel hervor, der dem Polizeiagenten eine scharf akzentuierte Stimme leiht, während der Mesner von Il Hong weitestgehend unhörbar bleibt. Ryan Speedo Green ist ein braver Angelotti, Alexandru Moisiuc mit dem Schließer nicht sehr gefordert und Marcus Pelz unauffällig. Das Kind der Opernschule, das seit Kurzem ja nicht mehr anonym ist, sondern Bernhard Sengstschmid heißt, singt das Lied des Hirten mit schöner Stimme.
Der von Martin Schebesta einstudierte Chor erledigt seine kurzen Partien auf und hinter der Bühne gewohnt souverän.
Elena Habermann