WIEN/ Staatsoper: TOSCA am 10.12. 2024
Tosca also; die uralte, mit einfachen Mitteln das Auslangen findende Ausstattung des Nicola Benois mit längst schon veränderten Kostümen. Doch mit Schauplätzen, in welchen Sänger spielen können — so sie sich beim Rollenstudium mit dem zu singenden Text auch der anderen Partien auseinandersetzten, die Regie-Anweisungen in der Partitur nicht ausließen. Günstige Voraussetzungen also für die Aufrechterhaltung der Illusion, bei der Wiener Staatsoper handle es sich um ein Repertoire-Haus (was sie, streng genommen, längst nicht mehr ist).
Alexey Markov, Lise Davidsen. Foto: Wiener Staatsoper/Michael Pöhn
…Mit Alexey Markov als Barone Scarpia gab auch der dritte Sänger einer Hauptpartie in dieser Serie sein Rollen-Debut am Haus. Doch anders als seine Kollegen sorgte der russische Bariton für die Höhepunkte des Abends. Seine Stimme präsentiert sich gut geführt, in den Spitzentönen hell, aber nicht schrill, und mit der erforderlichen Kraft: in meiner Erinnerung der beste römische Polizeichef seit langem. Alexey Markov singt auf Linie, Mundstellung und Haltung verraten Wissen um und Anwendung von gesangstechnischer Ökonomie. Die Stimme dieses Barone Scarpia trägt, o Wunder, auch im piano. So erreicht Herr Markov in Spiel und Gesang eine dramatische Intensität, die allen anderen verschlossen bleibt.
Conclusio: Es benötigt kein Gebrüll, sondern Können für die Herrschaft über eine Bühne; einen Abend. Wenn die Hand dieses Polizeichefs im zweiten Akt Zentimeter vor Toscas Haar Halt macht, er die Finger in letzter Bemeisterung zur Faust ballt, drückt diese Geste alles aus, was wir über sexuelle Begierde wissen müssen.
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Thomas Prochazka /www.dermerker.com