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WIEN/ Staatsoper/ Staatsballett: „JEWELS“ – eine Apotheose auf das klassische Ballett. Premiere

02.11.2019 | Ballett/Performance

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Copyright: Wiener Staatsballett/ Ashley Taylor

Ballettpremiere in der Wiener Staatsoper: „JEWELS“, 2.11.2019 – eine Apotheose auf das klassische Ballett

George Balanchine
 führte 1967 die famosen Tänzer seines epochalen New York City Ballet zu einer Apotheose der klassisch-akademischen Tanzkunst: „Jewels“ benannte er sein dreiteiliges Schaustück, und in dem halben Jahrhundert seitdem ist diese brillante Choreographie weltweit immer wieder von großen wie kleineren Kompanien einstudiert worden. In kompletter Fassung ist „Jewels“ nun erstmals am Beginn von Manuel Legris‘ letzter Saison als Leiter des Wiener Staatsballetts in der Staatsoper zu sehen.

Balanchine – 1904 bis 1983, geboren als Georgi Melitonowitsch Balantschiwadse in St. Petersburg, dem Zwanzigjährigen gelang das Echappement aus der Sowjetunion – ist in seinen Jugendjahren von der Ästhetik des zaristischen Balletts geprägt worden. Als begnadeter Kreativer hat er im Westen den Weg in die Moderne gefunden. Vielfältig in den Genres, stets auf die Aussage der Musik hörend und dabei einer edlen klassischen Linie folgend – und „Jewels“ ist in seinen späteren Jahren als die demonstrativ gesuchte Verklärung solch eines neoklassischen Stiles anzusehen.

Drei Teile, unterschiedlich in der Musik, gleichsam wie in einer Folge von Divertissements all die Varianten des klassischen akademischen Tanzes mit hocheleganter Attitüde ausspielend. Geometrisch phantasievoll arrangierte Ensembletänze, delikate Pas de deux, ein Reihe von beseelten Soli für die Ballerinen, für die Herren ein nobles Assistieren oder dynamische Intermezzi mit artistischer Virtuosität. Und auch folkloristische Elemente fehlen nicht. 

Diese Fülle an choreographischen Ideen wie die kunstvoll Reminiszenzen an das romantische Ballett, alles abstrakt, ohne Erzählung, nur gelegentlich mit Empathie getränkt, kann für den Betrachter auch etwas überbordend wirken. Optisch apart als ‚Juwelen‘ deklariert: Am Beginn extrem lyrisch „Emeralds“, grün funkelnde Smaragde assoziierend, auf empfindsam ruhige Orchesterstücke von Gabriel Fauré. Spritziger hierauf als Mittelteil „Rubies“. Igor Strawinskis unruhig launiges „Capriccio für Klavier und Orchester“ fordert schon zu kapriziösem Tanz in rubinrotem Glanz heraus. Das hell glitzernde „Diamonds“-Finale ist dann aber doch der Höhepunkt: Peter I. Tschaikowskis 3. Symphonie (allerdings ohne Kopfsatz) führt so richtig ins Reich der russischen Ballettseele. Olga Esina ist hier die souveräne Herrscherin und Jakob Feyferlik ihr gefühlvoller Gefährte.

Ja, in diesem technisch so anspruchsvollen Kaleidoskop können die tänzerischen Leistungen vom Corps bis zu den Paaren Natascha Mair und Robert Gabdullin, Madison Young und Roman Lazik, Nikisha Fogo und Davide Dato voll überzeugen. Und Ketevan Papava, Alice Firenze oder Ioanna Avraam stehen da nicht nach. Dirigent Paul Connelly gab den Ton vor, und das Premierenpublikum hat den Abend zu genießen verstanden.

Meinhard Rüdenauer

 

 

 

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