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Wien/ Staatsoper: Solokonzert von KS TOMASZ KONIECZNY

26.3.2025 : Solokonzert von KS TOMASZ KONIECZNY

 Der polnische Bassbariton KS TOMASZ KONIECZNY hat an der Wiener Staatsoper eine große und beständige Fangemeinde. Er hat alle großen Bassrollen der Oper gesungen. Für mich ist er jedoch vor allem anderen der Wotan schlechthin. Diesem Wotan mit der unverwechselbaren raumgreifenden Stimme glaubt man seine Göttlichkeit, die zugleich so menschlich ist. In seinem Solokonzert an der Wiener Staatsoper – übrigens mit Brille und ohne Bart – gab er sich ganz und gar menschlich und machte „sein“ Wiener Publikum vertraut mit dem Liedgut seiner polnischen Heimat. Summa summarum ist es von einer recht eigenartigen Sorte Humor oder von einer detailverliebten Melancholie im Gedanken an den unvermeidlichen Tod mit seinen unterschiedlichen Gesichtern.

Der erste Konzertbeitrag  ist eine Art liedhafter Fabel, die sich jedoch nicht mit der menschlichen Seite der Tiere, sondern von Gemüsepflanzen befasst. Die als „Buffo-Arie“ bezeichnete Geschichte vom Kohl, der sich krank fühlt und sich Rat sucht beim Doktor Paradeiser, stammt von dem Warschauer Komponisten, Dirigenten und Musikpädagogen Henryk Czyż (1923-2003). Der Doktor rät dem Kohl, das ganze überflüssige Blattwerk zu entfernen, Der Kohl fühlt sich zunächst auch gesund und wohl. Doch die Köchin ergreift beide und wirft sie in den Suppentopf. Dies allen Veganern zur Mahnung: auch das verzehrte Gemüse erleidet zunächst den Tod! Musikalisch pointiert und witzig mit der Klavierbegleitung des kreativen und improvisationsfreudigen Pianisten Lech Napieraⱡa, der den Bösendorfer zum kommentierenden Dialogpartner macht.

Tod einer Liebe hat nichts mit Liebestod zu tun. Das zeigte sich mit der zweiten Buffo-Arie „So schien es mir“. Von der jäh aufflackernden und genossenen Liebe bleibt zum Schluss nur eine Illusion. – Drei Tode besingt der Komponist von Adel, Dirigent und Lehrer Stanislaw Moniuszko (1819-1872). In seiner Ballade von „Großvater und Großmutter“ wünscht sich jeder der beiden, zuerst zu sterben, um nicht ohne den anderen zurückzubleiben. Aber als der Tod dann wirklich anklopft, hat es keiner der beiden eilig, ihm als Erster die Tür zu öffnen … Ja, das Leben ist eben lebenswert bis zum letzten Augenblick. – Ganz anders das Ende eines altgedienten Korporals vor einem Erschießungskommando, bestehend aus seinen Jungens, denen er als Befehlshaber wie ein Vater war. Er hatte einem jungen Rittmeister, der ihn beleidigte, einen Schlag versetzt. Eine letzte Zigarette, und dann spricht er seinen Soldaten Mut zu, die Tat zu vollbringen und verbietet ihnen, dabei Tränen zu vergießen.  –  Den Tod sozusagen erleben kann man im dritten Lied dieses Komponisten mit dem Titel  Der Kosak. Es ist der sinnlose Tod eines jungen Soldaten, der im Sterben noch darum fleht, dass nur ukrainische Kosaken ihn zur letzten Ruhe betten dürften. Patriotisch und leider auch aktuell.

Ukrainer von altem Adel ist auch der nächste Komponist, Mykola Lyssenko (1842-1912), der mit einem fünfteiligen Liederzyklus vertreten ist: Manchmal kommt es vor; Im traurigen Frühling; Mein Grab; In der Bucht des Dnipro und Nichts, Nichts! Sozusagen eine polnische Winterreise.

Im zweiten Teil stellt Konieczny mit seinem kongenialen Partner Wagners „Wesendonck-Liedern“  vier  „Lieder und Tänze des Todes“ von Modeste Mussorgski gegenüber.

Mit seiner voll strömenden Bass-Stimme hat Konieczny das Publikum thematisch und musik-poetisch nicht wenig gefordert, was den Jubel beim Schlussapplaus ein wenig gedämpft hat. Manche verließen sogar beinahe fluchtartig den Saal, vielleicht weil sie noch ein Verkehrsmittel erreichen wollten, vielleicht aber auch, weil die Stimmung des Memento moris zu bedrückend auf sie wirkte. Immerhin hätten sie die beiden Zugaben noch abwarten sollen. Mit dem Richard-Strauss-Lied „Zueignung“ und Wotans Abschied von Brünnhilde aus der „Walküre“ und „Der Augen leuchtendes Paar, das oft ich lächelnd gekost …“ gab er einmal mehr Zeugnis seiner großen stimmlichen Ausdrucksfähigkeit – so wie wir ihn kennen.

Ursula Szynkariuk     

 

 

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