Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

WIEN/ Staatsoper: SOLISTENKONZERT JOSEPH CALLEJA /Vincenzo Scalera

Am Schluss leuchten sogar die Sterne

23.01.2019 | Konzert/Liederabende

WIEN /Staatsoper: Solistenkonzert Joseph Calleja / Vincenzo Scalera am 22. Jänner 2019

Am Schluss leuchten sogar die Sterne


Joseph Calleja. Foto: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

Unter keinem besonders gnädigen Stern stand zunächst der Auftritt des an der Wiener Staatsoper viel zu selten zu hörenden Joseph Calleja. Der aus Malta gebürtige lyrische Tenor, der – so wird erzählt – schon als kleiner Junge beschloss, Sänger zu werden, nachdem er Mario Lanza in einer Verfilmung von Enrico Carusos Leben gesehen hatte, zählt inzwischen längst zur ersten Riege seiner Zunft.

Eröffnet wird das Programm mit „Dies Bildnis ist bezaubernd schön“ aus der Zauberflöte. Bereits nach den ersten Tönen ahnt man, dass stimmlich an diesem Abend etwas nicht in Ordnung sein kann. Die Aufklärung liefert der Künstler nach der folgenden Arie – „Tombe degli avi miei“ aus Donizettis Lucia di Lammermoor – gleich selbst: Er sei indisponiert. Um das Publikum nicht zu enttäuschen, wolle er das Konzert aber trotz schlimmer Erkältung durchstehen, schließlich feiere er heute auch seinen Geburtstag. Das Wiener Publikum lässt ihn sogleich mit einem herzlichen Applaus hochleben und freut sich merklich darüber, dass es doch weitergehen wird. Die folgenden Arien sind allerdings schwere Kaliber: Massenets „Pourquoi me réveiller“ und insbesondere „La vita é inferno all´infelice“ aus Verdis La Forza del Destino sind nicht dazu angetan, ihm das Singen leichter zu machen. Nun ist zwar bekannt, dass Sänger über Erkältungen oft „hinwegsingen“ und die damit verbundene Beeinträchtigung erstaunlich gut wegstecken können. Wenn es sich dabei aber um einen hartnäckigen Schnupfen handelt, der die Nase verlegt, dann wird es kompliziert. Besonders die leisen Töne werden da zu einem hörbaren Problem. Dass Calleja dann auf Puccinis „E lucevan le stelle“ aus Tosca verzichtet und die Pause vorzieht, um sich für den weiteren Abend zu rüsten, kommt daher nicht ganz unerwartet.

Da nun – rund um Francesco Paolo Tosti & Co – deutlich leichtere Kost auf dem Programm steht, geht man zuversichtlich in den zweiten Teil. Und tatsächlich wird es – beginnend mit Tschajkowskis „Niet tolka tot kto znall“ – von Nummer zu Nummer besser. Besondere Hinwendung bei der Gestaltung sowie entsprechende Aufmerksamkeit beim Publikum bekommt das auf Maltesisch dargebotene Lied „Kebbies tal Fanali“ seines Landsmannes Joseph Vella, die melancholische, innig vorgetragene Vertonung eines Juwels der maltesischen Literatur, wie Calleja erklärt, der sichtlich stolz ist, dieses Werk aus seiner Heimat erstmals in Wien präsentieren zu dürfen. Freude bereitet es auch, wieder einmal Stefano Donaudys Evergreen „Vagghissima sembianza“ zu hören, den viele großen Tenöre – von Gigli bis Corelli – in ihrem Liedrepertoire schon immer gern einen Platz eingeräumt haben. Ruggero Leoncavallos berühmte „Mattinata“ gelingt Calleja schließlich so mitreißend, dass er sich doch dazu entschließt, die im ersten Teil ausgesparte Arie des Cavaradossi nachzureichen: Der Erfolg gibt ihm Recht, großer Applaus brandet auf. Da fehlt wohl nicht mehr allzu viel auf die gewohnte Form des Künstlers. Einfühlsam begleitet wird er von Vincenzo Scalera, der auch als Solist mit der elegant vorgetragenen „Meditation“ aus Jules Massenets Thais sowie einem frischen Walzer Donizettis den Abend bereichert.

Dass Joseph Calleja das Programm mit mehr als Anstand über die Runden bringen wird, hätte zu Beginn kaum jemand erwartet. Wenn er nun angesichts der Umstände auf Zugaben verzichten würde, man hätte Verständnis dafür. Doch weit gefehlt, er bedankt sich beim Publikum noch mit drei feinen Stücken: einem spanischen Zarzuela-Lied, Francesco Cileas „La storia del pastore“ und zum Schluss mit einem französischen Chanson, das die ganz und gar nicht enttäuschte Zuhörerschaft recht beschwingt und in den Abend entlässt. Mit nach Hause nehmen viele an diesem Abend wohl auch den Wunsch, diesen sympathischen Tenor möglichst bald in Normal-, wenn nicht Bestform auf der Bühne der Staatsoper wiederzusehen. Es muss ja nicht unbedingt in der Zauberflöte sein.

Manfred A. Schmid

 

Diese Seite drucken