Wiener Staatsoper: Ein Liederabend der Sonderklasse mit BENJAMIN BERNHEIM
Ankündigungsplakat der Staatsoper
Benjamin Bernheim – der gerade als Romeo an der MET triumphierte und als neuer Superstar unter den Tenören gilt – gastierte im Rahmen eines Solistenkonzerts als Liedsänger an der Wiener Staatsoper. Am Klavier wurde er von Carrie-Ann Matheson begleitet.
Im Gepäck hatte Bernheim natürlich nicht nur seine traumhaft schöne Tenorstimme, sondern auch ein exquisites Liederprogramm. Natürlich viel Französisches. In diesem Repertoire – egal ob Oper oder Lied – ist er derzeit konkurrenzlos.
Er eröffnet den Abend mit L’absent von Charles Gounod und L’heure exquise von Reynaldo Hahn. Und wer denkt, mit den ersten Liedern singt sich ein Sänger erst mal so richtig ein, irrt. Zumindest im Fall von Bernheim. Denn der Tenor aus Paris bietet vom ersten Ton an makellosen, eindringlichen Liedgesang und ist gesangstechnisch sofort auf voller Höhe. Danach legt er erst richtig los und singt Ernest Chaussons anspruchsvollen zweiteiligen Liederzyklus Poeme de l’amour et de la mer. In klangvollen Stimmfarben malt Bernheim diesen Zyklus über eine Liebe die mit einer Stimmung am Meer so eng verbunden ist. Bernheims Gesang ist in einem Moment verträumt und empfindsam, im nächsten aufbrausend und überschwänglich. Carrie-Ann Matheson ist nicht nur hier eine hervorragende Begleiterin. Dass die beiden Künstler eine langjährige Bühnenpartnerschaft verbindet hört man ihnen in jedem Moment an. Sie harmonieren prächtig, ergänzen einander. Bilden geradezu eine Einheit.
Nach der Pause dann musikalisch und gesangstechnisch etwas ganz anderes – Lieder von Giacomo Puccini. Hier lässt Bernheim unwiderstehlichen Puccini-Schmelz erklingen, und welch ein großartiger Bohème-Rodolfo er ist, weiß das Wiener Publikum längst. Die Stimme verfügt auch über Italianità und man hört auch schon eine gute Portion Metall. Bei dem mitreißenden Mentia l’avviso erkennt man schon eine Melodie aus Puccinis dritter Oper Manon Lescaut, verwendete der Komponist aus Lucca diese doch später für die De-Grieux-Arie Donna non vidi mai. Sehr intensiv gestaltet er dann Terra e mare, und die Musik aus Sole e amore hat Puccini einige Jahre später für ein Mimi-Rodolfo-Duett für seine Bohème wieder verwendet und ist dem kundigen Opernpublikum natürlich auch somit bestens bekannt.
Für L’invitation au voyage, Extase und Phidylé von Henri Duparc kehrt er kurz wieder zum französischen Repertoire zurück. Und auch hier malt er wieder in den verschiedensten und schönsten Stimmfarben. Man ist immer wieder erstaunt.
Das offizielle Programm endet dann mit deutschem Repertoire und drei Liedern von Richard Strauss. Und genau jene Lieder sollten ein besonderer Höhepunkt werden. Hier beginnt der Tenor auch mit dem Publikum zu scherzen. Nach dem Ende von Heimliche Aufforderung wischt er sich mit den Fingern leicht über die Stirn, als will er sagen „Geschafft!“, was das Publikum natürlich amüsiert. Denn Bernheim spricht, wie hinlänglich bekannt ist, hervorragend Deutsch, und hat keine Probleme mit der deutschen Sprache. Dann berührt er mit einem inniglich, geradezu gesanglich schwebendem Morgen. Und ein leidenschaftlich vorgetragenes Cäcilie bildet dann – zunächst – den Abschluss des Konzerts. Aber zu diesem Zeitpunkt ist das begeisterte und Bravo-rufende Publikum entschlossen, ihn nicht so einfach gehen zu lassen.
Zwei Zugaben hat Bernheim vorbereitet. Die erste hätte eigentlich nicht besser ausgewählt sein können. Die wahrlich alles andere als einfach zu singende und gefürchtete Arie des Nadir aus Bizets Die Perlenfischer, Je crois entendre encore, die sehr hoch liegt und mit ihren zarten Spitzentönen im Piano einem Tenor viel abverlangt. Das muss man erst mal singen können. Bernheim kann es. Und wie! Es ist schon erstaunlich mit welcher Leichtigkeit und technischer Perfektion Bernheim diese Arie singt. Ihm stehen einfach alle Noten und Töne zur Verfügung. Dabei schimmert die Stimme in den sinnlichsten Farben. Das macht ihm in dieser Qualität so schnell wirklich keiner nach.
Und als dann die ersten Takte von Dein ist mein ganzes Herz vernommen werden, geht natürlich ein Raunen durch das Publikum. Bernheim singt den Tenorreißer von Lehár mit Hingabe, Verve und kräftigen Spitzentönen. Das Publikum bricht in Begeisterungsstürme aus.
Foto: Lukas Link
Am Ende dann großer Jubel und viele Bravo-Rufe im Haus am Ring worüber sich Bernheim sichtlich freut. Charmant ist, wie er Matheson für einen Soloapplaus in den Mittelpunkt rückt und danach auch dem Publikum dankt. Sehr sympathisch.
Am Bühnentürl warten dann viele begeisterte Konzertbesucher auf den Tenor, der auch schnell erscheint, Geschenke erhält und sich freudestrahlend viel Zeit für Gespräche und Fotos mit den Fans nimmt. Wieder sehr sympathisch.
Dieser Tenor ist ein Glücksfall für die Opernwelt. In jeder Hinsicht.
Lukas Link