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WIEN / Staatsoper: Solistenkonzert Piotr Beczała und Sarah Tysman

Lieder und Arien von einem der Besten, mit einer exzellenten Partnerin am Klavier

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Sarah Tysman (Klavier) und Piotr Beczała (Tenor). Alle Fotos: Wiener Staatsoper / Michael Pöhn

WIEN / Staatsoper: Solistenkonzert PIOTR BECZALA & SARAH TYSMAN

31. Mai 2022

Von Manfred A. Schmid

Ein Solistenkonzert, in dem der Startenor aus Polen sowohl seine Opernfans wie auch die Liebhaber des feinen Liedgesangs begeistert und – in der Hochblüte seiner Karriereeinen Einblick in sein breitgefächertes Repertoire gibt. Piotr Beczała , feinfühlig begleitet von Sarah Tysman am Klavier, eröffnet den Abend – wie man es aus seinen Konzertauftritten in den letzten Jahren schon kennt – mit Liedkompositionen aus seiner Heimat. Mieczyslaw Karlowicz (1876-1909) war bis vor kurzem hierzulande kaum bekannt. Da aber ausgewählte Lieder aus seiner Feder in den Programmen Beczalas– auch bei seinen Auftritten im  sommerlichen „Theater in Park“ – nie fehlen und inzwischen auch schon Einspielungen von dessen Liedschaffen durch Beczala und Helmut Deutsch vorliegen, beginnt man die lyrischen, melancholischen und charmanten Lieder dieses viel zu früh bei einem Bergunfall verstorbenen Komponisten auch außerhalb Polens zunehmend zu entdecken und zu schätzen. Diesmal sind es fünf Kompositionen, die vorgestellt werden. Bei diesen meist kurzen Miniaturen gelingt es Beczala auf Anhieb die dem jeweiligen Lied innewohnende atmosphärische Stimmung bildlich vor dem Hörer entstehen zu lassen.

Auch Stanislaw Moniuszko, der Schöpfer der polnischen Nationaloper – die Aufführung der Oper Halka am Theater an der Wien mit Beczala und Tomasz Konieczny ist noch in bester Erinnerung – ist vertreten, diesmal aber nicht mit seinen von der Volksmusik inspirierten Liedern, sondern mit der Arie des Stefan aus der Oper Staszny Dwór (Das Geisterschloss), in der der Klavierpart mit glockenspielartigen Klängen auf sich aufmerksam macht.

Den anschließenden Block, Antonín Dvorák gewidmet, eröffnet Sarah Tysman, Studienleiterin an der Wiener Staatsoper, mit einem Stück aus dem achtteiligen Klavierzyklus Humoreske op 101, allerding nicht mit der berühmte Humoreske Nr.7, sondern mit der Nr. 1, die Dvoráks Begeisterung für schottische Musik vermittelt. Mit kernigem Tenor gestaltet Beczala dann die vier ausgewählten Lieder aus dem Zyklus Zigeunermelodien, op. 55.  Ohne zu viel schwärmerische Larmoyanz bringt er die zwischen Ausgelassenheit und Melancholie changierenden Stücke zu Klingen, bevor es mit der „Vidino divná“ (Seltsame Wesen), der Verwunderung und Verzückung ausdrückenden Arie des Prinzen aus der Oper Rusalka in die Pause geht.

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Auch im zweiten Teil wechselt Beczała zunächst von einem Genre ins andere, beginnend mit zwei duftig dargebotenen, von innerer Ruhe durchströmten Liedern – „Traum“ und „Flieder“ – von Sergei Rachmaninow, gefolgt von „Wohin, wohin?“, der Arie des Lenski aus Eugen Onegin, sowie von drei Liedern von Stefano Donaudy. Der erst in letzter Zeit hierzulande u.a. auch von Beczala wiederentdeckte Komponist Donaudy hat sein populärstes Lied, „Vaghissima sembianza“, im zarten Alter von 13 Jahren geschrieben und war in Italien wegen seiner vor allem der Vokalmusik gewidmeten Stücke nie ganz vergessen. Gigli, Caruso, Bergonzi, Lanza und Bocelli haben seine Werke geschätzt, gesungen und aufgenommen. Kein Wunder also, dass sich auch Beczała für diese Lieder stark macht und ihre Reize seinem Publikum vorführt. Die von süditalienischer, sizilianischer Lebensfreude und Leidenschaft geprägten Melodien verfehlen ihre anregende Wirkung nicht.

Was dann folgt, ist Opernliteratur vom Feinsten, stets mit der für Beczała typischen vollen emotionalen Hinwendung und dennoch äußerst werkgetreu und genau gestaltet:  Donizetti („Tombe deg‘avi miei“ aus Lucia di Lammermoor), Giuseppe Verdi („Quando le sere al placido“ aus Luisa Miller), Georges Bizet („La fleur que tu m’avais jetée“ aus Carmen), Jules Massenet („Pourquoi me réveiller“ aus Werther). Eine Arie schöner als die andere, das Publikum applaudiert jedes Mal begeistert und ist voll Entzücken.

Der Zugabenteil nach dem tosenden Schlussapplaus fällt dementsprechend opulent aus und wird insgesamt drei Mal mit standing ovations gefeiert. Unglaublich, dass Beczala und seine Pianistin Tysman nach diesem Monsterprogramm noch die Energie und Konzentration aufbringen für: Arie des Romeo aus Gounods Romeo et Juliette; das von Beczała seiner Frau Katarina gewidmete neapolitanische Lied „Katalin“; Cavaradossis Arie „Reconditas armonia“ aus Tosca, unmittelbar gefolgt  von „E lucevan le stelle“ (!); dann – wohl in Erinnerung an seine Anfänge in Linz – Lehars „Dein ist mein ganzes Herz“ und abschließend die strahlend dargebotene „Zueignung“ von Richard Strauss. Eine von Dankbarkeit und Überschwang getragene Liebeserklärung – diesmal wohl an die Zuhörerschaft.

Das Wiener Publikum liebt Piotr Beczała inniglich, und er weiß das – hör- und sichtbar – zu schätzen. Was für ein Abend!

 

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