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WIEN/ Staatsoper: SOLISTENKONZERT ADRIANNE PIECZONKA-WOLFRAM RIEGER. MUSIK IST EINE HEILIGE KUNST

04.04.2019 | Konzert/Liederabende


Foto: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

SOLISTENKONZERT ADRIANNE PIECZONKA-WOLFRAM RIEGER: MUSIK IST EINE HEILIGE KUNST (3.4.2019)

Es kommt selten vor, dass eine Sopranistin, die von der Marschallin bis zur Kaiserin und von Tosca bis Senta das gesamte jungdramatische Spektrum abdeckt, einen hochkarätigen Liederabend liefert. Die kanadische Sängerin Adrianne Pieczonka, die vor 30 Jahren ihre internationale Karriere in Wien begann, gehört zu diesen  wenigen „Auserwählten“. Sozusagen als „Nachhall“ zu ihrer jüngsten Rosenkavalier-Serie gab sie – gemeinsam mit dem großartigen deutschen Pianisten Wolfram Rieger–  in der Wiener Staatsoper ein Solistenkonzert, in dem sie neben Franz Schubert auch die Wesendonck-Lieder von Richard Wagner sowie Werke von Erich Wolfgang Korngold und Richard Strauss interpretierte. Zum Auftakt also Franz Schubert – gleich der erste Titel eine anspruchsvolle Mischung aus Frohsinn und Melancholie: „Im Frühling“ nach einem Text von Ernst Schulze verbreitet positive Reminiszenzen an die erste Liebe in der Frühlingszeit. Doch er beschwört auch die Erinnerungen an das Ende dieser Romanze. “Es wandeln nur sich Will und Wahn, es wechseln Lust und Streit, vorüber zieht der Liebe Glück. Und nur die Liebe bleibt zurück, vorüber flieht der Liebe Glück, und nur die Liebe bleibt zurück, die Lieb‘ und auch das Leid“. Adrianne Pieczonka trägt dieses Schubert-Bekenntnis geradezu delikat vor. Mit schlankem, hellen Ton, mit einem sitzenden Piano. Und so verweilt sie  vokal primär lyrisch auch bei  den übrigen Schubert-Titeln: „Ein Rosenband“, „Du liebst mich nicht“,  „Nur wer die Sehnsucht kennt“; den Höhepunkt markiert  dann das „Gretchen am Spinnrad“ . Mit einer Stimme, mit der sie auch die Susanna im Figaro singen könnte, beschwört sie, dass ihre Ruh dahin ist. Großartig! Dann als zweiter Block vor der Pause: aus Pamina und Evchen wird Sieglinde oder gar Isolde. Das erotische Feuer dieser Tristan und Isolde-Vorstudien wird mit dem Feuer einer Tannhäuser-Elisabeth vorgetragen. Jetzt prunkt die Mittellage, strahlt die Höhe. Und die „Träume“ markieren den Höhepunkt dieser hochdramatischen Emotionen in Richtung „Treibhaus“-Hitze: Wenn das ein Test in Richtung Isolde war? Dann nichts wie gewagt.

Im 3. Teil wird die Dynamik wieder zurückgenommen. Und zwar mit selten gespielten 4 Liedern von Erich Wolfgang Korngold nach Texten von William Shakespeare. Sie entstanden in den Jahren des Exils in Hollywood. In jenen Jahren, in denen er Film-Klassiker wie Robin Hood mit Errol Flynn mit dramatischer Musik versah. Die Shakespeare-Lieder sind offenbar der Versuch an seine Wiener Zeit anzuschließen. Sie sind lebensfroh und humorvoll, besonders „Desdemona’s Song“. Und zugleich der Beweis, wie originell man Liederabende programmieren kann! Der Schlussteil war dann dem Schöpfer von Ariadne und Arabella gewidmet. Hier korrelierte die Opernkarriere  der Strauss-Spezialistin geradezu mit dem Lied-Programm – wobei wieder Unbekanntes („Einerlei“ oder „Die Nacht“) mit Ohrwürmern („Ich trage meine Minne“ oder „Allerseelen“) gekoppelt wurde. Und dann vor dem letzten Lied „Zueignung“ eine spontane Rede von Adrianne Pieczonka. Sie erinnerte an ihre Anfänge vor 30 Jahren und widmete ihren offiziellen Schlusspunkt ihrer hochverehrten Lehrerin Hilde Zadek, die vor kurzem im biblischen Alten von 101 Jahren von uns ging. Der Jubel  für Adrianne Pieczonka war jedenfalls groß, bei 3 Zugaben machte nochmals Richard Strauss das Rennen: „Und morgen wird die Sonne wieder scheinen“ – schöner kann man dieses Hit nicht singen und der Pianist Rieger erwies sich einmal mehr als kongenialer Partner. Musik ist ja doch eine „heilige Kunst“!

Peter Dusek

 

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