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WIEN/ Staatsoper: SIMON BOCCANEGRA

11.05.2018 | Oper


Dmitry Belosselsky, Francesco Meli. Copyright: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

WIENER STAATSOPER: „SIMON BOCCANEGRA“ am 10.5.2018

Der historische Simon Boccanegra, der 1339 zum ersten Dogen Genuas gewählt wurde und den Übergang von der Adelsherrschaft zur Demokratie markiert, trat nach fünf Jahren von dem Amt zurück und lebte 12 Jahre im Exil, ehe er 1356 wieder zum Dogen gewählt wurde und nach sieben Jahren einem Giftanschlag zum Opfer fiel.

Thomas Hampson, der die Premiere dieser Inszenierung im Jahr 2002 sang, war danach bis 2013 in fast der Hälfte aller Aufführungen der Simon. Seit seinen letzten Auftritten an der Staatsoper sind nun aber fast fünf Jahre vergangen. Diese haben leider heftige Spuren hinterlassen. Für meinen Geschmack war die Stimme immer schon zu hell für die Partie. Nun scheint sie nicht nur noch heller geworden zu sein (da wird er dann schön langsam mit dem Konzertmotto No tenors allowed Probleme kriegen), auch die Stütze funktioniert nicht mehr immer so richtig und da führte ihn speziell das dritte Bild nicht nur an seine Grenzen, sondern eigentlich darüber hinaus. Mit mehr Erfahrung und Technik als Stimme schaffte er dann doch diese Hürde und konnte sich im letzten Bild erstaunlicherweise deutlich steigern.

Der Widersacher hat Simon ja viele. Den Vogel schoss zweifellos Francesco Meli als Gabriele Adorno ab. Der Tenor ist zu einem echten Spinto gereift, der aber auch schöne Pianophrasen formen kann. Orhan Yildiz ist in dieser Serie erstmals der Silberspinner Paolo, der vom Verbündeten des Dogen zu dessen Feind mutiert, nachdem ihm die Heirat mit Amelia verwehrt wird. Der Türke verfügt über einen gut geführten, wohlklingenden Bariton und kann der Partie ihre Bedeutung geben. Die Begegnung mit Dmitry Belosselsky ist etwas zwiespältig. In der Mittellage ein voller, runder Bass, verliert sie in den tieferen Regionen (und der Fiesco ist keine extrem tiefe Partie) schnell an Farbe und Gewicht. Marina Rebekka, die erstmals in Wien als Amelia zu hören war, eilt ein großer Ruf voraus. Die Stimme ist in der Tat schön und ruhig geführt, aber wenn sie einen Lautstärkeregler hätte, könnte vielleicht das viele Forte-Singen reduziert werden. Das zweite Bild mit der großen, offenen und leeren Bühne mag ja dazu verleiten, dass man zu laut wird, weil man kein Vertrauen in die Akustik hat. Delikate Pianophrasen bietet sie leider nur manchmal als amuse gueule an.

Ein Gewinn ist jedenfalls das Dirigat von Evelino Pidò. Er sorgt für ein differenziertes und ausdrucksstarkes Spiel, ist bei Bedarf stets hilfsbereit für die Sänger verfügbar und hat auch mit dem von Thomas Lang geleiteten Staatsopernchor ein ziemlich eindrucksvolles Finale des dritten Bildes gestaltet.

Wolfgang Habermann

 

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