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WIEN/ Staatsoper: SIMON BOCCANEGRA

25.05.2016 | Oper

WIEN / Staatsoper: SIMON BOCCANEGRA am 24.05.2016


Ferruccio Furlanetto. Copyright: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

Die Verdi–Festwochen gehen weiter: Nach den guten Aufführungen von „Aida“ und „La traviata“ sowie wunderbaren Abenden mit „Un ballo in maschera“ und „Don Carlos“ erlebten wir in der ersten Vorstellung der Simon Boccanegra-Serie einen weiteren Höhepunkt.

Es hat einfach alles gepasst: Die wunderbare Musik des reifen Verdi, eingebettet in einer spannenden Geschichte – in der Regie von Peter Stein gekonnt und respektvoll erzählt – vom kompetenten Kapellmeister Marco Armiliato einfühlsam, aber, wenn erforderlich auch mächtig umgesetzt; und dazu eine Besetzung, die derzeit wohl kaum zu übertreffen ist: Ein Erlebnis!

Dmitri Hvorostovsky mutierte vom dunkelhaarigen Piraten zum „weissen“ Dogen und erzeugte, durch eine anfängliche Rauheit in der Stimme, die beim würdigen, älteren Herren wieder den unvergleichlichen Schmelz und ein edles Timbre hören ließ, sicher ungewollt eine erstaunliche Authentizität. Sein technisch perfekter Gesangsstil erlaubte ihm, auch die hoch liegenden Sequenzen des Simon Boccanegra schön und mühelos zu bewältigen.

Der etwas dunkler gefärbte Bass von Ferruccio Furlanetto bewirkte einen eindrucksvollen Gegensatz und charakterisierte den alten Fiesco perfekt. Diese balsamische Stimme berührt uns immer wieder zutiefst und das Gebet wurde auch diesmal zu einem Höhepunkt des Abends.

Seine Enkeltochter Amelia war mit Barbara Frittoli sehr gut besetzt. Die Mailänderin hat sich auch als Kammersängerin ihre jugendliche Stimmfärbung bewahrt, tendiert aber in der druckvollen Höhe zur Schärfe, was bei emotionel geladenen Situatonen nicht stört, aber eine gezielte Rollenauswahl vernünftig erscheinen lässt.

Der ungestüme, jugendliche Gabriele Adorno war bei einem Francesco Meli – in guter Form – bestens aufgehoben. Sein Spinto-Tenor mit einem tüchtigen Schuss Italianita klang schön, höhensicher – er ist derzeit sicher eine Spitzenbesetzung für einen Verdi-Helden.

Besonders erfreulich war auch diesmal wieder, dass die Ensemblemitglieder in den kleineren Rollen nicht nur Mitläufer waren, sondern mit den internationalen Stars auf Augenhöhe mitsangen:

Adam Plachetka zeigte, dass er in der passenden Rolle hervorragendes zu leisten imstande ist. Als Paolo überzeugte er mit einem sicheren, wohlklingenden Bariton, der in keiner Phase überfordert wirkte. Schauspielerisch konnte er in dieser Partie die Peinlichkeiten, die er als Lohengrin-Heerrufer erdulden musste, von der Seele spielen – was auch überzeugend gelang.

Auch Sorin Coliban als Pietro war ein erfreuliches Erlebnis. Dieser körperlich und stimmlich große Bass klingt auch neben Größen wie Furlanetto und Hvorostovsky dominant und schön – er trägt dazu bei, dass ein Werk, wie Simon Boccanegra, als Ganzes kompakt und höchstwertig aufgeführt werden kann. Carlos Osuna als Hauptmann und Lydia Rathkolb als Dienerin komplettierten eine Solistengruppe ohne echten Schwachpunkt.

Wie so oft bei Verdi war auch diesmal der Chor von eminenter Wichtigkeit –  der Chor der Wiener Staatsoper erfüllte alle positiven Erwartungen, klang wieder hervorragend und war im Rahmen einer durchdachten Personenführung ein wesentlicher Bestandteil dieser schnörkellosen, klaren Inszenierung. Gute Regisseure schaffen eine schlüssige Verlegung von Ort und Zeit ohne Koffer, Stahlrohrbett, SS-Schergen mit MP oder sonstigen Attributen des „modernen, regiebetonten, intellektuellen Theaters“ – wer ko, der ko!

Besonders erfreut sei vermerkt, dass der große Erfolg dieser Verdi-Festwochen zu einem beträchtlichen Teil der Verdienst des ausserordentlich kompetenten Kapellmeisters Marco Armiliato ist, der sowohl bei geplanten Dirigaten (wie diesmal mit Unterstützung von KM Rainer Küchl) als auch als kurzfristiger Einspringer gefühlvoller Gestalter und rücksichtsvoller Sängerbegleiter war und hoffentlich noch sehr oft sein wird. Er versteht es, das Staatsoperorchester immer wieder zu Höchstleistungen zu animieren und damit die Basis für diese denkwürdigen Erlebnisse zu schaffen.

Maria und Johann Jahnas

 

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