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WIEN/ Staatsoper: SIEGFRIED – eine imponierende, zutiefst berührende Aufführung, die ein echtes Wagnererlebnis ermöglichte!

25.6.2025- „Siegfried“- Wiener Staatsoper

Durch das Feuer drang ich, das den Fels umbrann; ich erbrach dir den festen Helm:

Siegfried bin ich, der dich erweckt.‘“

siegt

Erfüllt von machtvoller Klangintensität war Richard Wagners „Siegfried“ beeindruckend an der Wiener Staatsoper zu erleben. In der Inszenierung von Sven-Eric Bechtolf, die den Sängern ausreichend Handlungsspielraum gewährleistet, um die zu darstellenden Charaktere gänzlich ausleben zu können, sowie die Verbindung zum Dirigenten und dem Orchester vorzüglich ermöglicht, wurde ein Kaleidoskop von Märchen, bildlicher Übertragung auf die Wirklichkeit, exzeptionellem, musikalischem Erleben, Austragung von Konflikten, Abstraktion und wirksamen Widersprüchen geboten. Stark das Unterbewußtsein ansprechend, das den Traum zur Wirklichkeit werden läßt. In dem minimalistischen Bühnenbild von Rolf Glittenberg und den Kostümen von Marianne Glittenberg steht vor allem die Geschichte und ihre Akteure im Vordergrund ohne Ablenkung von allzu viel Überladenheit. Faszinierend die Videoprojektionen (Fettfilm) von Momme Hinrichs und Torge Möller. Auf der überdimensionalen Leinwand der Wiener Staatsopernbühne die Tötung des Drachens durch Siegfried mitzuerleben ist schon etwas Besonderes. Das exzellente Orchester der Wiener Staatsoper unter der fulminanten, musikalischen Leitung von Philippe Jordan erzeugte mit seinem Klangreichtum, akribischer Differenziertheit, Intensität, pointierter Klangpracht und wohldosiert kontrollierter Emotionalität und Empathie ein Wagner‘sches Ausnahmeerlebnis auf höchstem Niveau!

Andreas Schager, der österreichische Star-Tenor, ist die Idealbesetzung des Siegfried! Phänomenale, langgehaltene Spitzentöne, unerschöpfliche Stimmkraft, hochintelligente, perfekte Stimmführung, Wortdeutlichkeit und persönlichkeitsstarke, jugendliche Bühnenpräsenz. Er vermittelte den Eindruck, als gäbe es nichts Einfacheres als den Siegfried zu singen. Eine phänomenale Leistung!

Anja Kampe überzeugte als Brünnhilde mit dramatischem Impetus, souverän gesetzten Höhen, durchschlagskräftiger Stimme, aber auch mit Anmut und Attraktivität. Das Duett von Siegfried und Brünnhilde wurde von beiden Sängern sehr emotionsreich, intensiv und authentisch durchlebt.

Vollkommen überfordert war Iain Paterson mit der Rolle des Wanderers. Vor dem zweiten Akt ließ er sich wegen eines akuten allergischen Schocks als indisponiert ansagen. Er entschuldigte sich beim Publikum. Um die Vorstellung nicht zu gefährden, sang er mit Hilfe von Medikamenten, die ihm der Arzt der Wiener Staatsoper verabreicht hatte, weiter. Jochen Schmeckenbecher präsentierte einen hintergründigen und zwiespältigen Alberich, der oftmals auf der Bühne mehr sprach als zu singen. Anna Kissjudit beeindruckte als ausdrucksstarke, schönstimmige, präsente Erda. Hervorragend war Michael Laurenz in der Rolle des Mime. Akzentuiert, bissig, intrigant, aber auch komisch, humorvoll und stimmlich gekonnt präsentiert. Die große Szene mit Siegfried im ersten Akt wurde von beiden Sängern fantastisch dargeboten. Pastos und furchterregend der Fafner von Kwangchul Youn. Liebreizend der Waldvogel von Ileana Tonca. Gekonnt humorvoll Siegfrieds Hornruf von Manuel Huber.

Insgesamt eine imponierende, zutiefst berührende Aufführung, die ein echtes Wagnererlebnis ermöglichte!

 

Marisa Altmann-Althausen

 

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