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WIEN/ Staatsoper: SAMSON ET DALILA

Dritte Aufführung in dieser Inszenierung

19.05.2018 | Oper


Roberto Alagna, Elina Garanca. Ciopyright: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

WIENER STAATSOPER, 18. Mai 2018

Camille Saint-Saëns: Samson et Dalila

Dritte Aufführung dieser Inszenierung

Es hat sich in den letzten Monaten erwiesen, dass die Aufführungen der Wiener Staatsoper immer dann einen Tick besser sind als üblich, wenn sie im Livestream übertragen werden. Beste Voraussetzungen also für den Besuch der dritten Aufführung der Premierenserie von Camille Saint-Saënseinziger noch heute aufgeführter Oper Samson et Dalila. Und diese „Weisheit“ galt auch diesmal, denn musikalisch war dieser Abend wirklich vom Feinsten. Szenisch verbietet mir eine gute Erziehung die entsprechende Würdigung! Langsam ist es ihr Berichterstatter auch leid sich über solche laienhafte Regieversuche ausführlich äußern zu müssen. Im Vorfeld las man in Interviews mit Alexandra Liedtke zwar kluge Ansätze und interessante Gedanken. Dies fand allerdings auf der Bühne überhaupt keine Umsetzung. Besonders ärgerlich: das effektvolle Schlussbild, bei dem kein Opernneuling darauf kommen würde, dass Samson seine Fähigkeiten wiedererlangt hatte und er den Tempel einstürzen ließ. Über Bühnenbild (Raimund Orfeo Voigt) und Kostüme (Su Bühler) kann man geteilter Meinung sein, besonders viel Kreativität konnte man nicht erkennen, die türkisen Uniformen stießen sogar bei einem Modemuffel wie mir auf Ablehnung. Die Choreographie von Lukas Gaudernak bewegte sich besonders im dritten Akt an der Grenze zur Peinlichkeit. Außerdem: Wozu brauchte man dafür zwei Samson-Doubles? Das ist fast eine Beleidigung der Fähigkeiten Alagnas, der ohnedies ein eindrucksvolles Porträt des geblendeten und entmachteten Samson lieferte.

Aber genug davon, wenden wir uns der musikalischen Seite zu und da gibt es kaum etwas auszusetzen. Roberto Alagna befindet sich offensichtlich in der Form seines Lebens, mit Kraft und Enthusiasmus will er den Hebräern den Sieg bringen, seine Liebe zu Dalila verfolgt ihn auf Schritt und Tritt. Sein Schmelz in der Stimme ist zwar immer noch nicht jedermanns Sache, aber mit welcher Bravour er diesmal hier besticht, das rechtfertigt den Schlussjubel über seine Leistung. Nach der Premiere las man schaumgebremste Kritiken über Elīna Garanča, denen ich mich so gar nicht anschließen kann. Denn was der Lettin in der Tiefe fehlte hatte sie einfach in der Höhe und ihre Gesangskultur ist sowas von technisch sauber! Das passte auch zu ihrer immer wieder bekrittelten coolen Art und Weise der Rollengestaltung. Bei ihrer Dalila ist es aber ausgerechnet diese Sprödheit, die das Gespaltensein der Titelheldin offenbart. Als Oberpriester lässt Carlos Álvarez nur wenig Dämonenhaftes erkennen, er ist eher der zynische, überhebliche Typ. Sein Bariton verströmt vielleicht zu viel Schöngesang, dennoch auch Chapeau für ihn. Die übrigen Partien (Sorin Coliban als Abimelech, Dan Paul Dumitrescu als alter Hebräer, Leonardo Navarro als Kriegsbote und die beiden Philister Jörg Schneider und Marcus Pelz) waren mehr als rollendeckend.

Ein Extralob gibt es diesmal für den beeindruckenden Wiener Staatsopernchor (Leitung Thomas Lang), der gewaltig auftrumpfte und auch aus dem Off wunderbar klang. Und der größte Pluspunkt an diesem Abend agierte im Graben: Das Wiener Staatsopernorchester in Bestlaune unter einem perfekt in Dynamik und Tempo agierenden Marco Armiliato. Zehn Minuten Beifall, es hätten ruhig mehr sein können!

Ernst Kopica

MERKEROnline

 

 

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