Wiener Staatsoper: „RUSALKA“ am 13.2.2016
Jongmin Park. Copyright: Wiener Staatsoper/Michael Pöhn
Die zweite Aufführung dieser Serie brachte auch die zweite Titelrollensängerin. Nachdem in der ersten Vorstellung Camilla Nylund die erkrankte Krassimira Stoyanova einsprang, war es nun Gal James, eine Sopranistin mit breit gefächertem Repertoire, die in den letzten Jahren viel in Graz gesungen hat. Eine aparte, dunkel timbrierte Stimme, die aber leider keine große Durchschlagskraft hat und im Finale des zweiten Aktes eher in den Orchesterfluten unterging als sich in ihren See zurück zu flüchten. (Wohin hätte sie sich auch flüchten sollen, da ja in der Produktion jede Anspielung auf Natur nur durch abgestorbene Bäume und tote Raben erfolgt.) Deutlich zu sehen war bei der abschließenden Bondage, dass sie von der Spielleitung auf die Tücke des schwarzen Bandes hingewiesen wurde und sie peinlich genau darauf achtete, dass dieses sich nirgendwo verhängen kann. Die restliche Besetzung war gleich wie am ersten Abend der Serie und die Krone gebührt da wohl dem Wassermann von Jongmin Park, der mit mächtiger Stimme und durchschlagskräftiger Tiefe, aber auch herrlich lyrischer Stimme zwischen Verdammung und Mitgefühl wechseln konnte. (Statt der Krone ist er aber von der Ausstattung gezwungen, die Lohengrinperücke der letzten Inszenierung aufzutragen – das ist wenigstens ein Beitrag zur Ressourcenschonung.) Auch Klaus Florian Vogt mit seinem hellen Tenor, bei dem mittlerweile wenigstens ein paar Pastelltöne an Stimmfarbe hinzugekommen sind, war in der Rolle des Prinzen, der sich eine schweigsame Frau so nicht vorstellen kann, eine blendende Besetzung. Während Rusalka im zweiten Akt keine Worte zur Verfügung stehen, ihn zu gewinnen, kann die fremde Fürstin von Elena Zhidkova mit einer mächtigen Mezzostimme eindrucksvoll seinen Sinneswandel herbeiführen, um ihn schließlich abblitzen zu lassen. Als Jezibaba beeindruckt Monika Bohinec. Warum sie den drallen Küchenjungen ersticht und dann den Elfen die Grundlagen des Vampyrseins lehrt, ist völlig unverständlich. Vielleicht sollte man dann auch den Text der Übersetzungsanlage ändern, denn da singen die drei Elfen (Valentina Nafornita, Ulrike Helzel und Miriam Albano) nach dem Bluttrunk ein sanftes Abendlied, das so gar nicht zum Gesehenen passt. Als Heger konnte Gabriel Bermudez wieder überzeugen. Merkwürdigerweise ist ausgerechnet eine tschechische Partie die beste des jungen Spaniers. Als Küchenjunge lieferte Margaret Plummer außer gekonntem Zittern auch eine ansprechende Leistung und Manuel Walser sang einen schönen Jäger aus dem Off.
Wenn man des teilweise unsinnigen Bühnengeschehens überdrüssig war, so blieb einem als Trost eine wunderbare Leistung des Orchesters, das die Handlung, die Sehnsüchte und Ängste und das Unheimliche weit besser zur Geltung brachte. Tomáš Netopil wechselte perfekt zwischen den lyrischen Kantilenen (nicht umsonst heißt die Klarinette in Wien picksüßes Hölzl) und machtvollen Fortissimoausbrüchen.
Wolfgang Habermann