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WIEN/ Staatsoper. ROMÉO ET JULIETTE von Charles François Gounod (am 10.5.)

WIEN/ Staatsoper: Charles François Gounod: » Roméo et Juliette «

Wiener Staatsoper am

rom

Von Thomas Prochazka

Ich gestehe, daß mich Patrick Woodroffes Lichtarchitektur dieser Jürgen Flimm-Inszenierung jedesmal auf’s Neue fasziniert. Eine Oper in Licht. Prägende Bilder. Kitsch, wenn eines will. Aber hervorragend umgesetzt. (Zumindest vom Parterre aus.)

Nach einer Serie im September 2024 folgt aktuell eine zweite mit drei Aufführungen. Gounods (grand) opéra en cinq actes — so die Bezeichnung im Erstdruck der Partitur 1867 — ist nicht frei von Tücken: Wenn sich im vierten und fünften Akt das Drama auf das Liebespaar konzentriert, bedarf es ausgezeichneter Sänger. Und eines ebensolchen musikalischen Leiters. Andernfalls läuft, wie gestern, der Abend Gefahr, in Gleichförmigkeit unterzugehen.

Verantwortlich dafür zeichnete auch Haus-Debutant Marc Leroy-Calatayud am Pult des Staatsopernorchesters. Sichtlich bemüht um Einsätze (vor allem für den Graben). Recommandiert mögen ihn semi-szenische Aufführungen mit Benjamin Bernheim mit dem Orchestre de Chambre de Genève haben. Gestern allerdings wackelten die ersten Chöre mehr als bedenklich. Auch sonst schien mir Leroy-Calatayud zu nachgiebig, was Tempi und dynamische Abstufungen betraf; zu zurückhaltend das musikalische Funkeln und Glitzern auf dem Ball der Capulets. Zu ebenmäßig in den lyrischen Passagen — und immer am langsameren Ende, knapp vor dem Untergang im Meer der Larmoyanz. Einen Tick rascher hier, ein Quäntchen langsamer dort: Sie erschaffen am Theater Welten oder reißen sie ein. Zufriedenstellend der Chor des Hauses: Wenn man schmiß, schmissen alle. Dann szenenweise wieder: Überzeugendes…

….Benjamin Bernheim sang zum ersten Mal den Roméo in Wien. Seine Stimme scheint nicht über zuviele Farben zu verfügen. Falls doch, enthielt er sie uns gestern vor. Außerdem fiel seine Zurückhaltung im Spiel auf. Oft, nicht nur in seiner großen Szene, schien er den Mann am Pult zu suchen, sang frontal ins Haus. Das stimmliche Kaliber dieses Roméo ist nicht allzu groß, doch intonierte er sauber und präzise. Sang auf Linie. Er hatte als einziger keine Probleme mit dem passaggio und dem geforderten Stimmumfang. Sein Instrument klang in keinem Augenblick forciert; doch öffnete es sich über dem passaggio nicht zur jener Helligkeit und jenem freien Klang, welche wir uns von einem ersten Roméo erwarten.

Dennoch, und ohne Zweifel: Es war der Abend Benjamin Bernheims. (Und Patrick Woodroffes.)

 

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Thomas Prochazka/ www.dermerker.com

 

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