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WIEN/ Staatsoper: PELLÉAS ET MÉLISANDE: Premiere

18.06.2017 | Oper

Premiere „Pelléas et Mélisande“ von Claude Debussy an der Wiener Staatsoper am 18. Juni 2017

'Pelléas et Mélisande', 2. Akt: Mélisande (Olga Beszmertna) mit ihrem Geliebten Pelléas (Adrian Eröd) © Wiener Staatsoper/Michael Pöhn

»Pelléas et Mélisande«, 2. Akt: Mélisande (Olga Beszmertna) mit ihrem Geliebten Pelléas (Adrian Eröd)
© Wiener Staatsoper/Michael Pöhn

Die Musik von Debussy wirkt immer bewusst gedämpft, typisch impressionistisch. Lediglich fünf mal wird es lauter, jedoch auch hier nur für einen kurzen Moment. Maurice Maeterlincks Text ist wunderschön, sehr sinnlich und absolut symbolisch. Die Dichtung ist so stark, dass die Musik fast nur als Nebenprodukt dient.

Am Regiepult stand ein Meister. Marco Arturo Marelli (auch für Bühnenbild und Licht verantwortlich) beweist einmal mehr, wie sehr er sein Handwerk versteht. Man sieht den Innenhof eines dunklen Beton-Palastes, in dem ein Teich mit Verbindung zum Meer den Mittelpunkt bildet. Die Psyche der Figuren ist ebenso gezeichnet, wie sich diese Oper im Allgemeinen gibt: intellektuell beklemmend. Im Vorfeld wurde schon viel darüber berichtet, dass pro Vorstellung 12 000 Liter Wasser auf der Bühne verwendet werden (hier ein Lob an die Technik des Hauses). Doch Marelli verwendet diesen See nur um die Handlung voranzutreiben und einzelne Szenen zu schärfen. Damit gelingt ihm ein Kunstgriff, denn er macht das Wasser nicht zum Hauptdarsteller. Stattdessen entstehen magische Bilder. Dagmar Niefind kreierte die stilvollen Kostüme, wunderschön das Kostümbild der Mélisande: ein weißes, wunderschönes Kleid und ein rötlich-brauner langer Zopf. Am Schluss wird Mélisande im stetig präsenten weißen Boot gen Sonnenuntergang geführt, doch das Tor verschließt sich wieder. Es bleibt die triste Finsternis.  

Olga Bezsmertna als Mélisande gestaltete ihren betörenden Gesang ebenso mysteriös wie ihr Spiel. Adrian Eröd legte den Pelléas sehr lyrisch, fast liedhaft an. Simon Keenlyside als Golaud machte leichte Probleme mit der Höhe durch seine intensive darstellerische Präsenz wieder vollkommen wett. Ausgezeichnet der Bass Franz-Josef Selig als alter König Arkel, ebenso Maria Nazarova als kleiner Sohn Yniold. Zu überzeugen wussten auch Bernarda Fink als besorgte Geneviève und Marcus Pelz als Arzt.

Dirigent Alain Altinoglu führte das Orchester der Wiener Staatsoper grundsolide. Von einer eigenen Interpretation kann nicht die Rede sein, doch alles klang sehr präzise und klar.

Das Publikum war vom Bühnengeschehen sichtlich mitgenommen. Viele Taschentücher kamen in der Schlusssequenz zum Vorschein, was auch einiges an Rascheln zur Folge hatte. Doch man verzieh dies gerne, war der Schluss ja wirklich herzergreifend inszeniert. Dem entspechend war der Applaus auch etwas gedämpft. Jubel gab es trotzdem und nicht zu wenig, auch für das Regieteam. Als der Regisseur nochmal vor den Vorhang trat schallte es von der Galerie „Bravo Marelli!“, dem kann man sich nur anschließen.

Fazit: Eine der wenigen wirklich gelungenen Neuproduktionen unter der Ära Meyer. Der Besuch wird dringend empfohlen. Hier noch ein Tipp: Nach der Pause die Taschentücher bereitlegen, um das sehr ruhige Finale nicht zu stören. Ein Opernabend, der zum Nachdenken anregt. Was könnte man sich mehr wünschen?

Sebastian Kranner

 

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