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WIEN/ Staatsoper: PELLÉAS ET MÉLISANDE. „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar!“

2.11.2025- „Pelléas et Mélisande“- Wiener Staatsoper

„Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar!“

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Foto: Wikipedia

Die 12. Aufführung in der Inszenierung von Marco Arturo Marelli, der auch für die Bühne und das Licht verantwortlich zeichnete (Kostüme: Dagmar Niefind), war das überaus berührende Meisterwerk „Pelléas et Mélisande“ von Claude Debussy, das „Drame Lyrique“ in fünf Akten mit dem Text von Maurice Maeterlinck, in hochkarätiger Besetzung, eindrucksvoll an der Wiener Staatsoper zu erleben. Gemäß Debussys Komposition, in welcher das Wasser zum vorherrschenden Wesenszug von „Pelléas et Mélisande“ gemacht wurde, agierten die Solistinnen und Solisten in erster Linie im Wasser. In einer kargen Umgebung, die von unwirtlichen Steinblöcken beherrscht wurde, erfüllte das Wasser die Hauptaktionsfläche. Teilweise tauchten die Sänger bis zur Gänze in dem Wasserbunker unter, um beim Auftauchen umgehend ihre Rollen weiterzusingen. Eine enorme Herausforderung für die exzeptionellen Künstlerinnen und Künstler. Die von Wasser gefluteten Bunker erinnerten an einen abgeschlossenen Rückzugsort voller diffuser Tiefe, der alle Schattierungen, Brechungen und Reflexionen der Musiksprache Debussys widerspiegelte. Es gibt jedoch die Hoffnung auf Licht, einen neuen Morgen, einen utopischen Horizont, dem Mélisande am Ende entgegentreibt. Die überaus farbenreiche, ja geradezu mysthisch schwebende, überdimensionale Klangpracht von Claude Debussys einziger vollendeter Oper, die als Solitär der Operngeschichte gilt und sich keiner Tradition zuordnen lässt, fasziniert mit ihrer „Unfassbarkeit“, Verhaltenheit und zugleich der Verinnerlichung von Spannungen und Leidenschaften. Das exzellente Orchester der Wiener Staatsoper unter der sensitiv kompetenten musikalischen Leitung von Alain Altinoglu präsentierte meisterhaft das farbige Raffinement, den einzigartigen Schwebezustand und den irrealen Charakter von Claude Debussys extravaganter Klangsprache. Die Faszination der Unergründlichkeit des Wassers, in dem tief verborgen der Schlüssel des Lebens liegt, doch der Zugang zu diesem Geheimnis den Sterblichen verwehrt zu sein scheint, wurde mit brillantem Klangreichtum fulminant umgesetzt.

Der französische Bass Jean Teitgen imponierte mit pastoser, ausdrucksstarker, durchschlagskräftiger Stimme und enormer Präsenz in der Rolle des Arkel. Zoryana Kushpler überzeugte mit verlässlichem, modulationsfähigem Alt als Geneviève. Mit überragender Bühnenpersönlichkeit, markantem, unverkennbarem Stimmcharakter, vollkommenem körperlichem und stimmlichem Einsatz brillierte Rolando Villazón in der Rolle des Pelléas. Eine grandiose Leistung!

Simon Keenlyside
beeindruckte mit außerordentlicher Präsenz, stimmlicher Ausdrucks- und Durchschlagskraft sowie außergewöhnlicher Intensität in der Rolle des Golaud. Kate Lindsay präsentierte eine hervorragende Mélisande mit edler, souveräner Stimmführung, musikalischer und technischer Intelligenz sowie berückender Authentizität. Hannah-Theres Weigl (Mitglied des Opernstudios der Wiener Staatsoper) bezauberte als Yniold mit quirliger Lebendigkeit, Spielfreude und stimmlicher Durchschlagskraft. Dohoon Lee (Arzt; Mitglied des Opernstudios der Wiener Staatsoper) und Frédéric Machto (Vater von Pelléas) ergänzten ausgezeichnet das hochkarätige Ensemble.
Großartig der Chor (Choreinstudierung: Jozef Chabroñ), das Bühnenorchester und die Komparserie der Wiener Staatsoper.

Eine glänzende, exzeptionelle Aufführung einer musikalischen sowie dramaturgischen Kostbarkeit an der Wiener Saatsoper!

Marisa Altmann-Althausen

 

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