Aleksandra Kurzak. Copyright: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn
WIEN / Staatsoper: OTELLO am 18.03.2018
Auch an diesem Abend bestätigte sich die Meinung, dass die dritte Vorstellung einer Serie die beste ist. Die von der Amerika-Tournee zurückgekehrten Wiener Philharmoniker präsentierten uns den späten Verdi mit Leidenschaft, Präzision und detailreichem, virtuosem Spiel. Graeme Jenkins, der uns im Lohengrin nicht überzeugen konnte, erwies sich als kompetenter Verdi-Dirigent, der das Orchester zum imposanten Gewittersturm aufrauschen ließ, aber auch für eine einfühlsame Sängerbegleitung sorgte. So gelang den Solisten eine Vorstellung auf hohem Niveau, obwohl man vielfach hörte, dass persönliche Grenzen erreicht, zum Glück aber nicht überschritten wurden.
Roberto Alagna war gesanglich und als Gesamteindruck ein sehr guter Otello. Sein sicherer, edel klingender Tenor erlaubt eine berührende Interpretation des tragischen Helden, der aufgrund seiner einfältigen emotionalen Ausrichtung auf Kampf und Krieg zum leichten Opfer des schlauen Intriganten wird. Man hört bei diesem Otello, wie anspruchsvoll diese Partie ist – das nötige Forcieren passte aber meist zur Dramatik der Handlung und wurde deshalb von uns nicht als störend empfunden. Die Zeiten, als ein Johan Botha für seine zu lyrische Interpretation des Otello (in der MET) kritisiert wurde, sind leider unwiederbringlich vorbei.
Aleksandra Kurzak, die in der ersten Vorstellung noch Anlaufprobleme hatte, ließ uns von Beginn an eine sehr gute Desdemona hören. Die hochdramatischen Ausbrüche und die tiefen Töne zählen zwar nicht zu ihren Glanzlichtern, wurden aber passabel absolviert. Atemberaubend schön gelangen hingegen die lyrischen Passagen – die „Weide-Szene“ und das „Ave Maria“ – hier wurde eindrucksvoll vorgeführt, welche emotionalen Stürme durch die Musik Verdis ausgelöst werden können, wenn sie so feinstimmig gesungen wird – „einfach herzzerreißend!“ Dass die polnische Sopranistin hervorragend aussieht und eindrucksstark agiert, verstärkt den überdurchnittlich guten Eindruck.
Jago, der frustrierte, übergangene Fähnrich wurde vom slowakischen Bariton Dalibor Jenis beängstigend realistisch dargestellt und mit sicherer, schöner Stimme souverän gesungen. Seine Leistung bewirkte, dass man diese Vorstellung zu den überdurchschnittlich gelungenen Abenden zählen kann. Es fällt schwer, bei Jagos negativer Grundeinstellung nicht an Hagen zu denken.
Zu diesem positiven Gesamteindruck haben auch die durchwegs gut besetzten Nebenrollen beigetragen: Antonio Poli sang mit schön und sicher klingenden Tenor den Cassio; Ilseyar Khayrullova war als Emilia gesanglich und darstellerisch souverän. Alexandru Moisiuc als Lodovico, Leonardo Navarro als Rodrigo und Orhan Yildiz als Montano ergänzten den Abend rollendeckend und gut.
Ein Bericht dieses Abends ohne Würdigung des „weltbesten Opernchores“ wäre unvollständig. Schon bei der stürmischen Ankunft der venezianischen Flotte sorgte dieser imposante Klangkörper für die autenthische Stimmung und auch in der Folge trug der Chor, unterstützt durch die gekonnte Personenführung – der Lichtblick dieser sonst etwas verunglückten Inszenierung von Christine Mielitz – zum Ablauf der Handlung bei.
Ein amitioniertes Orchester unter kompetenter Stabführung, der weltbeste Opernchor und sehr gute Solisten – mehr kann man von einem Repertoireabend nicht verlangen.
Maria und Johann Jahnas