Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

WIEN/ Staatsoper: ORLANDO – „Viel Lärm um wenig“.

19.12.2019 | Oper

Anna Clementi (Erzählerin). Foto: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

WIEN/ Staatsoper: 18.12.2019   SO   „ORLANDO“

Olga Neuwirths Auftragsoper hat im Vorfeld viel Staub aufgewirbelt, nach erlebtem Abend muss man sagen „Viel Lärm um wenig“. Zur musikalischen Performance wäre kurz zu sagen: Hut ab vor der Komponistin, Hut ab vor den Ausführenden – die sich erstaunlich gut vom Mozart-Verdi-Wagner-Alltag im Experiment moderne Oper bewährt haben. Vor der Pause konnte man – als Strafverschärfung ? – auf toten Displays nicht mitlesen, die Handlung schwirrte rasch und etwas sprunghaft durch die Jahrhunderte. Nach der Pause glich der Ablauf einer bunten Wochenschau mit schräger Begleitmusik, hier wurde detailliert die Gegenwart beleuchtet, ehe sich die Handlung dann bis zum Ende zog wie ein Strudelteig.

Ein paar prinzipielle Fragen wirft dieses Werk allerdings auf (die Antworten liefere ich mit):

Warum muss moderne Musik mit Orkanlautstärke und schrillen Dissonanzen gebracht werden (erstaunlich, dass es Neuwirth gelang, nicht einen einzigen Wohlklang zu Papier zu bringen)? Ich gebe zu, das ist eine sehr naive Frage.

Warum muss moderne Oper prinzipiell völlig humorbefreit sein? Weil das Thema ernst ist.

Warum muss man auf der Bühne ständig eine Unzahl von mahnenden Zeigefingern sehen? Zeitkritik kann auch anders aussehen.

Warum beschränkt sich diese dann fast ausschließlich auf die Gegenwart? Weil das beim Zuhören den Aha-Effekt auslöst.

Wie oft wird das Werk wohl aufgeführt werden, um den Aufwand annähernd rechtfertigen zu können (um als humorloser Rechenschieber ins Regiekonzept zu passen)? Dazu fehlt mir das notwendige Zahlenmaterial.

Das zum Schluss noch vorhandene Publikum war bei seinem Urteil milder als der Rezensent.

Johannes Marksteiner

 

 

Diese Seite drucken