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WIEN/ Staatsoper: MANON. Wer hat an der Uhr gedreht?

08.11.2016 | Oper

WIENER STAATSOPER: MANON – Wer hat an der Uhr gedreht?

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Adrian Eröd, Marlis Petersen. Copyright: Ashley Taylor/ Wiener Staatsoper

Das erste Bild dauert eineinhalb Stunden, wenn man dem Minutenzeiger der Bahnhofsuhr trauen darf. (Der Stundenzeiger zeigt sich weniger beeindruckt.) Das zählt zu den Rätseln der Inszenierung von Andrej Serban, die sich auch in der 42.Aufführung nicht auflösen.

In der Titelpartie stellte sich in Wien erstmals Marlis Petersen vor, die zu den wenigen Sängern zählt, die in Wien sowohl an der Staatsoper, als auch im Theater an der Wien auftreten. Ihr Repertoire ist breit gefächert und umfasst Partien von der Norina bis zur Medea von Reimann. Optisch ist sie eine glaubwürdige Manon, die auch stimmlich den Anforderungen der Partie gerecht wird. Auch hat sie keine Probleme, regiebedingt in den unmöglichsten Körperhaltungen zu singen. Die Manon sollte aber doch ein gewisses verführerisches Timbre haben, um ihren Des Grieux immer wieder zu fesseln. Dieser war mit Jean François Borras ideal besetzt. Mit einer gekonnten voix mixte präsentierte er eine wundervolle Traumerzählung und auch das Ah fuyez war schön aus dem Piano in eine große Steigerung gestaltet. Figürlich kann er seinen „Vater“, Dan Paul Dumitrescu, nicht verleugnen, der wieder seinen weichen Bass beeindruckend verströmen lässt, um seinen Sohn auf den „richtigen“ Weg zu führen. Aber auch das mit mächtiger Stimme vorgetragene Arioso in St.Sulpice hat da keinen Erfolg. Der Cousin Manons war Adrian Eröd, dem die hohe Tessitura der Partie richtig in der Kehle liegt.

Die Crew der Gegenspieler wird  von Clemens Unterreiner als Brétigny angeführt und von Alexander Kaimbacher als Guillot ergänzt, auch wenn dieser bis zum Spielkasino-Bild warten muss, um auch seine tenoralen Fähigkeiten zu zeigen. Bei den drei Grisetten hat auch Arina Holecek ihr Rollendebut, die bei den Ensembles mit Lydia Rathkolb und Zoryana Kushpler die profunden tiefen Töne beisteuert.

Der Chor gibt den Pappkameraden Stimme und imitiert im Wesentlichen deren Bewegungsfreudigkeit, während die Statisterie im ersten Bild bereits eine Vorstudie zu den Chorauftritten der Cenerentola produziert. Am Pult steht Frédéric Chaslin, der bei Massenet mehr zu Hause ist als bei Donizetti.

Mittelmäßiger Applaus nach der in rotes Licht getauchten Höllenfahrt Manons.

Wolfgang Habermann

 

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