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WIEN/ Staatsoper: MADAMA BUTTERFLY als Saison-Eröffnungspremiere


Asmik Grigorian mit den Puppenspielern. . Foto: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

MADAMA BUTTERFLY – Premiere Staatsoper – 7.9.2020

(Heinrich Schramm-Schiessl)

Sie war die älteste Inszenierung im Repertoire, hatte am 19.9.1957 Premiere und brachte es auf 393 Vorstellungen. Schon einmal wäre es fast so weit gewesen und wir hätten uns von ihr verabschieden müssen. Lorin Maazel beabsichtigte in der 3. Saison seiner Direktionszeit jene Produktion, von der er an der Mailänder Scala die Premiere dirigiert hatte, an die Staatsoper zu holen. Da er aber am Ende seiner 2. Saison das Handtuch warf, kam es nicht mehr dazu und wird durften uns weiterhin an dieser guten alten „Butterfly“ erfreuen. 

Nun mit Beginn der Direktion von Bogdan Roscic ist es nun soweit. Es hieß Abschied nehmen von diesem – im positiven Sinn – Museumsstück und wir bekamen eine neue Interpretation dieser „Tragödie einer Japanerin“ und im Gegensatz zu vielen anderen Nachfolgeinszenierungen konnte man diesmal durchaus zufrieden sein.

Anders als bei anderen Neuinszenierungen ging man diesmal nicht gespannt in die Premiere, da die nunmehr gebotene Produktion auch nicht mehr gerade taufrisch ist und zuvor schon an der MET, der English National Opera und dem Litauischen Nationaltheater gezeigt wurde und interessierte Opernfreunde sie bereits aus Übertragungen von der MET kannten.

Diese Inszenierung des mittlerweile verstorbenen Anthony Minghella hebt sich wohltuend von so manch anderer Neudeutung ab. Sie ist zwar im Gegensatz zu unserer alten Inszenierung abstrakt, aber es wird die im Libretto vorgegebene Geschichte erzählt und sind Ort und Zeit ebenfalls korrekt. Es ist äußerst erfreulich, dass jegliche Aktualisierung, Umdeutung, Brechung und sonstige Unarten des modernen Regietheaters fehlen. Das einzige was mir – und ich weiss, dass ich damit in der Minderheit bin – nicht gefallen hat, war die Darstellung des Kindes durch eine Puppe. Carolyn Choa studierte die Inszenierung ihres verstorbenen Gatten sorgfältig ein. Das Bühnenbild von Michael Levin ist abstrakt, bietet aber immer wieder schöne Beleuchtungsmomente. Besonders wirkungsvoll ist, dass Personen, die sich im Hintergrund der Bühnen befinden nur als Schattenrisse zu erkennen sind. Die Kostüme von Han Feng sind werkentsprechend.

Da die Inszenierung zumindest einem Teil des Publikums schon bekannt war, richtete sich das Hauptinteresse auf die musikalische Seite, gaben doch immerhin acht Sänger ihr Haus- oder zumindest ihr Rollendebüt.


Asmik Grigorian, Freddie de Tomasso. Foto: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

Asmik Grigorian, vor zwei Jahren von manchen gefeierte Salome der Salzburger Festspiele, gab ihr Hausdebut als Cho-Cho-San. Ihre breite Mittellage ermöglicht ihr, diese Partie über weite Strecken problemlos zu bewältigen, wo bei zu bemerken ist, daß die Höhen meist sehr spitz klingen. Allerdings gelang es ihr leider nicht, die Rolle auch stimmlich zu gestalten. Sie hat zumindest mich eigentlich keinen einzigen Moment wirklich berührt. Der Pinkerton Freddie De Tommaso war keineswegs der Wunderknabe, als der er von manchen Besuchern der Generalprobe geschildert wurde. Er hat ein mittelmäßig interessantes Timbre mit sicherer Höhe, an der Technik wird allerdings noch zu arbeiten sein. Leider ist er darstellerisch etwas phlegmatisch und zeigt nicht einmal im Liebesduett Leidenschaft. Boris Pinkhasovich als Sharpless singt zwar einige Passagen recht schön, andere weniger und bleibt darstellerisch eher blass. Virginie Verrez bemüht sich zwar sehr um die Suzuki, vermag es aber nicht, so manches früheres Ensemblemitglied in dieser Rolle vergessen zu machen. Andrea Giovannini kann als Goro mit seinem nicht uninteressanten Charaktertenor überzeugen, wogegen man den Onkel Bonze schon wesentlich besser gehört hat als von Evgeny Solodovnikov.

Nicht ganz glücklich konnte ich an diesem Abend mit unserem neuen Musikdirektor Philippe Jordan, den ich eigentlich durchaus schätze, werden. Möglicherweise stimmt einerseits die Übereinstimmung mit dem Orchester noch nicht und kommt er, obwohl er im Haus schon dirigiert hat, andererseits mit der Akkustik noch nicht zurecht, weil vieles oft sehr laut klang. Die Einstudierung mag durchaus sorgfältig gewesen sein, aber einerseits gab es manche Wackler und, was viel wesentlicher war, er dirigierte völlig emotionsfrei. Praktisch keine einzige Stelle, wo man normalerweise den berühmten Kloß im Hals spürt, kam auch so rüber.

Das Orchester versuchte das Beste aus dieser Situation zu machen und der von Martin Schebesta einstudierte Chor entledigte sich seiner nicht sehr großen Aufgabe ordetlich.

Das Publikum war anscheinend in erster Linie glücklich nach fast vier Monaten wieder im  Haus sein zu können und spendete reichlich Beifall, wobei sich doch nicht wenige über das „Bravo-Verbot“ hinwegsetzten, andere wieder auf das mir aus Deutschland unliebsam bekannte Trampeln umstiegen.

Auch wenn man die sicher nicht sehr angenehmen äusseren Umstände mitberücksichtigt, bleibt nach dieser Vorstellung noch einige Luft nach oben.

Heinrich Schramm-Schiessl

 

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