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WIEN/ Staatsoper: MADAMA BUTTERFLY

08.09.2016 | Oper

MADAMA BUTTERFLY – Staatsopernvorstellung vom 8.9.2016

(Heinrich Schramm-Schiessl)

Leider begann die neue Saison für mich so, wie die alte geendet hatte. Mit der Trauerminute aus Anlass des Ablebens eines bedeutenden Sängers. Diesmal musste Staatsoperndirektor Meyer vor dem Vorhang den Tod von Johan Botha bekanntgeben. Er würdigte den Künstler mit bewegten Worten und strich naturgemäss dessen Wirken im Haus am Ring hervor.

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Diese „Tragödie einer Japanerin“ ist kein Selbstläufer. Es muss schon eine adäquate Besetzung da sein, damit man gepackt und gerührt wird, anderenfalls kann der Abend auch sehr lang sein. Da die angekündigte Besetzung einen positiven Abend erwarten liess, habe ich nach sehr langer Zeit wieder eine Aufführung dieses Werkes besucht. Das Hauptinteresse galt natürlich Kristine Opolais. Die Lettin hat zwar vor einigen Jahren mehrmals die Mimi gesungen, war dann aber über drei Jahre nicht an der Staatsope zu hören. Inzwischen ist sie eine international sehr gefragte Vertreterin ihres Faches geworden, die an nahezu allen grossen Opernhäusern große Erfolge gefeiert hat bzw. feiert. Ihre Leistung an diesem Abend war gut, aber es blieb trotzdem eine unvollendete. Die Stimme wird tadellos geführt, verfügt über schöne Piani, aber in der Mittellage wäre etwas mehr Durchschlagskraft kein Fehler und die Höhe hat leider etwas zu wenig Volumen. Zudem sang sie ungemein kontrolliert, was auf Kosten der in diesem Werk so wichtigen Wechselwirkung der Emotionen ging. Es fehlten einfach die Stellen, wo einem – wie man so schön sagt – „das Herz aufgeht“ bzw. auch abgebrühte männliche Opernbesucher den berühmten „Knödel (für Nichtösterreicher: Kloss)“ im Hals haben dürfen. Irgendwie sprang den ganzen Abend der Funke nicht über. Erst in der Schlusszene schien sie etwa aus sich herauszugehen, aber da war es dann schon zu spät. Wahrscheinlich lag es auch am Orchester, dass vieles wirkungslos blieb – aber davon später.

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Piero Pretti. Copyright: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

Die wahrscheinlich undankbarste Tenorpartie, den Pinkerton, sang Piero Pretti. Er ist mit Recht eine de ganz großen Hoffnungen in diesem Stimmfach. Er verfügt über eine gut geführte Stimme mit schönem Timbre und sicherer Höhe. Sowohl die Szene mit Sharpless als auch die Trauungszeremonie sang er gut, schien aber dann im grossen Liebesduett von der Zurückhaltung der Partnerin etwas irritiert zu sein, sodass die große Wirkung dieser Szene ausblieb. Der Arie im dritten Akt sang er dann wieder sehr schön. Boaz Daniel war ein solider Sharpless, der – vor allen im zweiten Akt – gestalterisch doch einiges schuldig blieb.

Als Suzuki hörten wir das neue Ensemblemitglied Bongive Nakani, die damit ihr Hausdebut gab. Sie spielte recht ordentlich und war stimmlich eher unauffällig. Zur wirklichen Beurteilung wird man die nächsten Abende abwarten müssen. Herwig Pecoraro war ein gut charaterisierter Goro und Alexander Moisiuc ein stimmlich leider unbefriedigender Onkel Bonze. Der Chor entledigte sich seiner kurzen Aufgabe ordentlich.

Am Dirigentenpult stand Philippe Auguin und hier bin ich beim wahrscheinlich größten Problem des Abends. Gerade in diesem Werk ist ein mit der Bühne gut korrespondierendes Orchester wichtig. Denn vieles was auf der Bühne auf emotionaler Ebene passiert, wird durch das Orchester noch verstärkt. Bei Auguin plätscherte alles irgendie dahin und Intensität verwechselte er mit Lautstärke. Im Liebesduett spürte man nichts von den drängenden Gefühlen und im zweiten Akt, als Butterfly Sharpless Pinkertons Kind vorführt, blieb der Orchesterinsatz, der einem eigentlich wie ein Stromstoss durch den Körper gehen sollte, völlig wirkungslos. Das sollten nur zwei Beispiele sein, es gäbe noch zahlreiche andere. Dass dann sowohl der Schluss des zweiten Aktes als auch das Vorspiel zum dritten Akt ebenfalls mehr als belanglos klangen, war dann auch schon egal.

Zusammenfassend kann man sagen, dass es zwar kein langer Abend wurde, aber doch zahlreiche Wünsche offen blieben.

Zum Abschluß noch ein Wort zur Inszenierung. Es ist die älteste, die wir im Repertoire haben (19.9.1957 – die Tosca kam erst ca. ein halbes Jahr später), aber sie ist zeitlos funktionell. Man mag – speziell im ersten Akt – über die etwas naiv gemalten Dekorationen schmunzeln, aber man sollte auch diese Inszenierung als ein Denkmal aus einer ganz großen Zeit des Hauses bewahren. Dass die Abendregie das Kind in der Schlusszene zu früh auf die Bühne schickte, sollte allerdings nicht passieren.

Am Ende gab es dann doch großen Jubel für Kristine Opolais, aber nach nicht allzuviel Vorhängen war der Abend zu Ende.

Heinrich Schramm-Schiessl

 

 

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