Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

WIEN/ Staatsoper: MACBETH – Hinter jedem erfolgreichen Mann steckt eine starke Frau

14.10.2015 | Oper

13.10. 2015 „MACBETH“

 Hinter jedem erfolgreichen Mann steckt eine starke Frau

01_Macbeth_Szene~1
Ferruccio Furlanetto, George Petean.Foto: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

Sechs Jahre nach dem letzten Versuch findet nun das „schottische Stück“ wieder den Weg auf die Staatsopernbühne und es macht den Eindruck, als könnte sich diese Produktion länger im Spielplan halten als ihre Vorgängerin. Die Inszenierung von Christian Räth ist in einer unbestimmten Militärdiktatur modernerer Zeit angesiedelt und das karge Bühnenbild von Gary McCann schafft dafür einen bedrückenden Rahmen, hat aber mit seinen beweglichen Elementen den großen Vorteil rasch zu realisierender Umbauten. Nicht richtig gelingen will dem Regisseur die Einbindung des durch die Hexen repräsentierten übersinnlichen Elementes. Wie er in Interviews betonte, sieht er sie – berechtigt – als Personifizierung des Unterbewussten, aber die szenische Realisierung zeugt von keiner überbordenden Phantasie. In der ersten Szene fliegen sie wie aufgescheuchte Schwalben von einer Seitenwand zur anderen und im dritten Akt suchen sie offensichtlich als Alptraum den Titelhelden im Bett auf, stellen sich dann aber brav in Konzertordnung neben seinem Bett auf, um nach den Erscheinungen das Bett gegen fünfzehn Särge zu tauschen und Macbeth in der Prosektur zurückzulassen. Kein Wunder, dass er sich dann „Ove son io ?“ fragt. Dabei gelingen Räth vor allem mit den Schattenspielen auch durchaus beeindruckende Szenen, beispielsweise wenn der Schatten des Titelhelden schon während Macbeth noch am Fuß der Treppe mit sich ringt, die Treppe zum Königszimmer hinaufsteigt. Auch die Erscheinung Banquos während des Bankettes ist mit Schatten wirksam gelöst. Ein Rätsel bleibt, warum nach der Szene im Wald von Birnam zwar sofort die Introduktion der Nachtwandelszene erklingt und der Vorhang erst mitten in dieser Musik fällt. Ein Zeichen dafür, dass die Regierungszeit des historischen Macbeth eigentlich eine prosperierende Zeit war, ist die Installation einer Neonbeleuchtung im Schloss.

Das musikalische Zentrum ist ganz im Sinne Verdis die Lady als treibende Kraft. Hier stellt sich in dieser Serie erstmals Tatiana Serjan an der Wiener Oper vor. Sie kann mit ihrem geraden, klaren Sopran voll und ganz überzeugen. Schon im „Vieni, t’affretta!“ stellt sie eine selbstbewusste, zielstrebige Frau dar und wie sie die zweite Strophe des Brindisi nach der ersten Banquo-Erscheinung wie leicht verunsichert sotto voce ansetzt, das hat Klasse, In der großen Nachtwandelszene weiß sie auch die Stimme fahl zu färben. Eine große Leistung !

Ihr getriebener Ehemann ist George Petean, der als Persönlichkeit ganz im Schatten seiner Frau steht. Stimmlich muss er manchmal an seine Grenzen gehen, aber die große Arie singt er sehr kultiviert mit einem wunderbaren Pianoschluss. Neben den beiden Hauptpartien gibt es noch zwei Rollen, die jeweils eine große Arie zu singen haben und ansonsten eher Randfiguren bleiben. Feruccio Furlanetto nutzt seine Arie zur Demonstration der italienischen Gesangstradition, während Jorge de Leon als Macduff sich hier mit großem Vibrato, rhythmischen Unsicherheiten und verquollenen Tönen der Gesangslinie entlang hangelt und glaubt mit einem lauten, langgehaltenen Spitzenton allen Anforderungen an einen Tenor Genüge zu leisten. Jedenfalls ist es nicht überraschend, dass der Nachfolger Malcolm heißt, denn sein tenoraler Kollege Jinxu Xiahou sticht ihn in allen Punkten aus. Als aktive Sparmaßnahme sind alle kleinen Basspartien (Diener, Bote und Arzt) in eine Partie zusammengefasst, die im Programmheft als Spion bezeichnet wird. Für oder gegen wen er spioniert, ist allerdings nicht erkennbar. Allerdings steht mit Jongmin Park ein Sänger auf der Bühne, den ich gerne auch einmal in der großen Basspartie hören würde. Donna Ellen als Kammerfrau entgeht dem Schicksal, mehrere Partien singen zu müssen, da das Werk keine weitere Frauenrolle aufweist.

Eine große Aufgabe in diesem Werk hat der von Thomas Lang einstudierte Chor, der diese auch weitestgehend zufriedenstellend löst. Alain Altinoglu am Pult reizt vielleicht nicht alle von Verdi geforderten, extremen dynamischen Wechsel zwischen Vierfachforte und Pianissimo aus, unterstützt aber die düstere Stimmung des Werkes und ist den Sängern ein aufmerksamer Partner.

 Wolfgang Habermann

 

Diese Seite drucken