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WIEN/ Staatsoper: LUCIA DI LAMMERMOOR

19.02.2019 | Oper


Olga Peretyatko und Chor. Foto: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

Lucia di Lammermoor

Wr. Staatsoper, 18.2.2019

 

Die Neuinszenierung von Laurent Pelly ist unter Opernfreunden – gelinde gesagt – umstritten. Ich möchte einige Details, die mir aufgefallen sind, näher beschreiben.

  • Das Bühnenbild erinnert an eine Mischung der Produktionen von Eugen Onegin (auch hier schneit es), der Regimentstochter (wie dort auch ein kleiner Hügel, über den der Chor rauf und runter schreitet) und das stilisierte Schloss (?) im Hintergrund erinnert ein wenig an die Decker-Inszenierung der Pierrot-Szene aus der Toten Stadt
  • Wenn man die Regimentstochter gesehen hat sieht man Ähnlichkeiten bei der Personenführung des Chors (was dort funktioniert hat, aber die Darstellung der Hochzeitsgesellschaft ist leider misslungen)
  • Die Kulissen sind SEHR sängerunfreundlich
  • Wenn Edgardo im 1.Akt zum Abschied der Lucia einen Ring gibt – ja, das macht Sinn. Ein wenig seltsam ist es, dass sie dann in ihrem Wintermantel kramt und auch einen Ring für Edgardo herbeizaubert…
  • Die in schwarz gehaltene Hochzeitsgesellschaft geht ja überhaupt nicht – es wird davon gesungen, dass durch die Hochzeit der Clan der Ashtons mächtiger wird und sich alle darüber freuen. Das Ganze im Trauerflor?!??

Auf der anderen Seite hat Pelly intensiv mit der Darstellerin der Lucia gearbeitet – die Zeichnung der Heroine als Mädchen, das psychisch gestört ist, ist nicht gegen das Libretto. Lucia zeigt schon durch ihre Körpersprache von Anfang an, dass mit ihr etwas nicht stimmt. Insofern kann man die Aussage Pellys nachvollziehen, dass Edgardo sie nur aus politischem Denken aus zur Frau nimmt. Es gibt auch in der gemeinsamen Szene kaum Körperkontakt. Ebenso glaubwürdig unter diesen Umständen ist, dass die Figur der Alisa als Gouvernante gezeigt wird, die sich intensiv um Lucia kümmert.

Zum Musikalischen – Olga Peretyatko hat es naturgemäß in Wien schwer – man ist einfach durch die vielen Auftritte von Edita Gruberova vorbelastet. Wie oben besprochen war ihre Darstellung außergewöhnlich gut – Oper ist ja Musiktheater und den zweiten Teil des Wortes erfüllte sie tadellos. Pelly zwang sie zu einer speziellen Körperhaltung, die die psychischen Störungen widerspiegeln sollte. Ein englischer Ausdruck fällt dazu ein – „She sees the world from a different angle“.    Leider merkte man, dass sie sich bei den Koloraturen plagte, von Leichtigkeit war nichts zu spüren. Und schon zum wiederholten Mal in dieser Serie misslang ihr der hohe Schlusston, was einen Schatten über ihre Leistung noch zusätzlich legte. Nichtsdestotrotz war der Publikumszuspruch besser – vielleicht hatte es auch damit zu tun, dass es keine „Bravo“-Rufe gab, die andere Besucher dazu verführten mit „Buhs“ zu antworten.

Leonardo Navarro als Normanno und Virgine Verrez (Alisa) erfüllten ihre Parts zufriedenstellend. Das kann man leider von Lukhanyo Moyake nicht berichten. Sein Arturo klang gepresst und geknödelt. Für den Gesamteindruck der Aufführung wäre es von Vorteil gewesen, wenn Lucia ihn nicht erst zwischen dem zweiten und dritten Akt hingemetzelt hätte…

Über die anderen drei Interpreten gibt es viel Positives zu berichten. Jongmin Park hat sich in den letzten Jahren mit Recht zu einem Publikumsliebling entwickelt. Er hat eine profunde Tiefe und war ein idealer Darsteller des Raimondo.

Sehr angetan war ich an diesem Abend auch von George Petean, der nicht nur das Volumen und ein sehr angenehmes Timbre hat, sondern auch bombensichere Höhen vernehmen ließ. Seine Darstellung ließ keine Wünsche offen.

Den größten Applaus heimste Juan Diego Flórez als Edgardo ein. Seine Stimme ist noch immer nicht die größte, er klingt, obwohl er stimmlich etwas an Breite gewonnen hat, noch immer etwas „weiß“. Das macht er mit einer stupenden Technik und viel Gefühl in seinem Vortrag wett. Im Vergleich zu den ersten Aufführungen war er an diesem Abend noch einen Deut besser (und wieder ein Fun Fact – der Bart, den er noch letzte Woche getragen hat, ist nun wieder ab).

Evelino Pidó war ein stets aufmerksamer Dirigent, der das Orchester umsichtig leitete – und auch bei gewissen heiklen Stellen zum Wohle der Sänger die Lautstärke variierte. Der Staatsopernchor war von Martin Schebesta perfekt einstudiert.

Fazit – eine sehr gute Vorstellung, allerdings wäre es besser gewesen, hätte sich als Vorbereitung der Rezensent nicht die Gesamteinspielungen mit Callas, Gruberova und Sutherland angehört.

Kurt Vlach

 

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