Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

WIEN/ Staatsoper: LOHENGRIN ohne Gergiev

21.01.2020 | Oper

Piotr Beczala, Cornelia Beskow. Foto: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

MICHAEL GÜTTLER ALS „RETTER IN DER NOT“ BEI „LOHENGRIN“ OHNE GERGIEV(19.1.2020)

Jubel ohne Ende bei der jüngsten „Lohengrin“-Vorstellung in der Wiener Staatsoper. Zum ersten „Aufschrei“ kam es schon, ehe es richtig losging. Dominique Mayer teilte dem ausverkauften Haus mit, dass Valerie Gergiev wieder einmal nicht pünktlich sein könne – diesmal wegen Flugverspätung. Aber er habe sich entschlossen, mit Michael Güttler ohne Zeitverzögerung zu beginnen. Großer Beifall für den Direktor und ein Aufschrei der Begeisterung, als der deutsche „Retter in der Not“ das Pult des Orchesters der Wiener Staatsoper betrat. Und die Begeisterung hielt den ganzen Abend an: man hatte das Gefühl, dass alle Solisten aber auch Chor und Orchester ihr Bestes gaben und beweisen wollten, dass sie auch ohne Stargast aus Petersburg zu Höchstleistungen fähig sind. Schon beim Vorspiel der 1850 in Weimar uraufgeführten wohl populärsten Oper von Richard Wagner wirkte sich der Adrenalin-Schub des „Einspringens“ positiv aus: die Streicher und das Blech in Höchstform.

Dann König Heinrich – Ain Anger etwas angestrengt – prachtvoll hingegen der Heer-Rufer von Boaz Daniel. Schön, dass er wieder in Bestform agiert. Hinreißend dann Egils Silins als Telramund – ein naives Opfer seiner machtgierigen Frau Ortrud (Linda Watson). Elsa ist die junge Schwedin Cornelia Beskow, sie hat erst in Skandinavien erste Erfolge. Bei der Wiener Elsa fehlt es noch an Piano-Technik und in der Münster-Szene gerät sie ebenfalls wie im „Brautgemach“ an die Grenzen ihrer vokalen Möglichkeiten. Bei kluger Karriere-Planung wird man von der Sopranistin aus Schweden  – auf den Spuren einer Birgit Nilsson -noch viel hören.

Erster Höhepunkt war selbstredend der Auftritt des Schwanenritters – Piotr Beczala hat für den Grals-Ritter einfach alles: Legato und Kraft, Belcanto-Schmelz und ein unverwechselbares Timbre,Wortdeutlichkeit und Durchhaltevermögen. Man wird an die Glanz-Zeit von Placido Domingo erinnert. Ein Glücksfall in jeder Hinsicht.! Im zweiten Akt kann Linda Watson ihre Stärken (Volumen samt Attacke) ausspielen. Der Chor der Wiener Staatsoper (Leitung Thomas Lang) läuft in der nach wie vor gewöhnungsbedürftiges  „Wiesen“-Inszenierung von Andreas Homoki (Bühne Wolfgang Gussmann) zur Höchstform auf. Und die Streit-Szene zwischen Elsa und Ortrud im 2.Akt geht unter die Haut. Alles in allem:der Höhepunkt der Aufführung war dann der 3.Akt: Ein fulminantes Vorspiel, Michael Güttler macht vollends den geplanten Star-Dirigenten aus Russland vergessen. Dann ein grandioses Brautgemach, eine mitreißende Gralserzählung und ein perfekter  Lohengrin-Abschied. Das war ein Kapitel Operngeschichte, an das sich alle, die dabei waren, erinnern werden.


Kammersängertitel an Linda Watson. Das Ensemble gratuliert. Foto: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

Zuletzt  Ovationen und eine Kammersänger-Verleihung an Linda Watson. Manchmal sind  sogar in der Staatsoper alle einer Meinung. Die Star des Abends – Michael Güttler (Jgg.1966)-, hat bisher  in Wien vor allem Butterfly, Cenerentola oder Eugen Onegin dirigiert, das wird sich vermutlich rasch ändern!

Peter Dusek

 

Diese Seite drucken