Klaus Florian Vogt musste kurzfristig die Titelrolle übernehmen. Foto: Michael Pöhn/ Wiener Staatsoper
WIENER STAATSOPER: LOHENGRIN – Staatsoper, 9.1.2020
(Heiunrich Schramm-Schiessl)
Diese Vorstellung sollte eigentlich das Wien-Debut von Pjotr Beczala in der Titelrolle sein. Leider sagte er am Vormittag ab und statt ihm sang Klaus Florian Vogt, der auch szt. die Premiere dieser Produktion gesungen hat. Er ist heute sicher der meistgefragte Interpret dieser Partie, und man muss ihm auch zugestehen, dass er sie sehr gut singt, alle Höhen und sonstigen schwierigen Passagen meistert und auch von der Gestaltung her zufrieden stellt. Er hat allerdings auch ein sehr helles, offenes und manchmal ein bißchen trompetenhaftes Timbre, was zumindest für mich seine Leistung zu einer Unvollendeten macht. Seine Elsa war die Hausdebutantin Cornelia Beskow und sie verfügt über einen interessanten, schön klingenden lyrischen Sopran, den sie durchaus gekonnt einsetzt. Allerdings gerät sie in den dramatischen Passagen (noch) etwas an ihre Grenzen. Darstellerisch hat sie mir gut gefallen. Sie stellt nämlich nicht dieses hehre Geschöpf dar, das entweder betrübt oder glücklich ist, sondern ein durchaus resolutes junges Mädchen, das um seine Rechte kämpft und auch trotzig werden kann, wenn sie etwas nicht bekommt, wie z.B. im 3. Aufzug die Erlaubnis von Lohengrin, die bewusste Frage doch zu stellen. Eine erfreuliche Wiederbegegnung gab es mit Egils Silins, der sich in den letzten Jahren rar gemacht hat, als Telramund. Er sang eine sehr eindrucksvolle Klage und war auch im 2. Aufzug sowohl in der Szene mit Ortrud als auch in der Auseinandersetzung mit Lohengrin und dem König sowohl darstellerisch als auch stimmlich mehr als zufriedenstellend. Die Ortrud wurde von Linda Watson mit grosser Stimme gesungen, wobei stellenweise leider ein gewisses Tremolo zu hören war. Allerdings gelangen sowohl die „Entweihten Götter“ als auch der Schluss sehr eindrucksvoll. Ain Anger, mittlerweile auch ein eher seltener Gast, sang den König mit kräftiger Stimme, blieb aber gestalterisch etwas blaß. Boaz Daniel war ein guter Heerrufer.
Cornelia Beskow. Foto: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn
Leider nicht so zufrieden wie bei seinem „Parsifal“ in der vorigen Saison war ich mit Valery Gergiev am Dirigentenpult und verfestigte sich bei mir der Eindruck, den ich schon nach seinem Bayreuther „Tannhäuser“ gewonnen habe, nämlich dass seine Stärke eher die großen Musikdramen Wagners sein dürften, während er bei den „romantischen“ Opern etwas Probleme hat. Natürlich gab es wunderbare Stellen, wie das Vorspiel zum 1. Aufzug oder das gut aufgebaute Königsgebet, aber vieles anderes wirkte eher laut und etwas ruppig. Zudem fehlte mir diesmal der große Bogen und gab es auch einige wackelige Choreinsätze, speziell im 2. Aufzug. Der Chor selbst (Leitung Thomas Lang) sang auf seinem üblichen Niveau. Auch die Leistung des Orchesters an sich war in Ordnung.
Am Ende gab es viel Applaus für alle, den meisten Jubel natürlich für den Einspringer.
Zum Schluss sei noch angemerkt, dass diese „Zenzi von der Alm“-Inszenierung, in meinen Augen der grösste Schwachsinn den wir im Repertoire haben, vom neuen Direktor hoffentlich baldigst entsorgt wird.
Heinrich Schramm-Schiessl