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WIEN/ Staatsoper: LOHENGRIN

Oans, zwoa, gsunga

23.06.2018 | Oper

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Günther Groissböck (König Heinrich). Copyright: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

WIENER STAATSOPER: „LOHENGRIN“ am 22.6.2018. Oans, zwoa, gsunga

Mit Beginn des astronomischen Sommers ist auch die Biergartensaison voll im Gange, auch wenn ausgerechnet zu dieser Zeit das Wetter sich nicht allzu sommerlich präsentiert. Als sichere Variante bietet sich da das riesige Bierzelt an, das in der Inszenierung von Andreas Homoki den Rahmen für den Lohengrin darstellt. In dieses hat sich eine Reisegruppe aus Brabant verirrt, welche zwecks Tarnung in alpine Dirndln und Janker gekleidet ist. Diese Reisegruppe, die vom hervorragend disponierten Chor unter der Leitung von Thomas Lang wird durch die Akustik der Halle bei der gewaltigen Lautstärke unterstützt. Da auch aus dem Graben von Sebastian Weigle wenig dazu getan wird, die Lautstärke zu bremsen, wird das Trommelfell einige Male über Gebühr strapaziert. Denn dass das Münster eines kleinen Alpendorfes (?) eine so laute Orgel hat, die mit aller Macht vom Orchester zu übertrumpfen ist, scheint doch sehr unwahrscheinlich. Mindestens so unwahrscheinlich übrigens, wie dass durch die Verlegung der Handlung in ein Bergdorf zu Ende des 19.Jahrhunderts die Geschichte der Lebenserfahrung des Publikums näher kommt. Warum unterschätzen Regisseure und ihre Dramaturgen eigentlich immer ihr Publikum ?

Annette Dasch stellt sich als Elsa mit ihrer zweiten Partie in Wien vor du kann auch da nicht überzeugen. Als Figur und im Spiel durchaus glaubwürdig, mangelt es in der musikalischen Umsetzung der Partie an einer sauberen Phrasierung. Das Einsam in trüben Tagen sollte denn doch mehr auf Linie gesungen werden und bei den dramatischeren Stellen werden die Grenzen der Stimme rasch offenbar. Erschreckend auch die Unsicherheiten in der Intonation. Da könnte sie sich von ihrem Partner einiges abschauen. Obwohl Robert Dean Smith schon einige Zeit länger im Geschäft ist und er vom Aussehen nicht unbedingt dem reinen Helden entspricht, ist er stets bemüht, die Partie auf Linie zu singen. Die Position, in der er sich beim Gummischwan für seine Ablieferung im Gasthaus bedankt, kann sich nur ein Regisseur ausgedacht haben, der es einem Sänger möglichst schwer machen will. Aber Smith hält durch und auch wenn ab Ende des zweiten Aktes die Anstrengung deutlich zu merken ist, schafft er Mein lieber Schwan noch in tragfähigem Piano.

Das Ereignis des Abends war die Ortrud der Elena Zhidkova. Mit einem bruchlosen Mezzo ohne Schärfe gibt sie eine beeindruckende Lady Macbeth aus Friesland. Dass Wotan nach diesen Entweihten Göttern nicht persönlich eingreift, kann  wohl nur daran liegen, dass die Brandschäden in Walhall noch nicht behoben sind. Ihr Werkzeug Friedrich ist mit Jukka Rasilainen mit einem Veteranen besetzt, der bereits 1992 als Holländer in Wien zu hören war und der seit 12 Jahren nicht mehr hier war. Seiner Stimme merkt man die vielen Jahre schweres Fach mehr als deutlich an und so wird vieles mit (letzter) Kraft geschrieen. Als König Heinrich im Förstergewand überzeugt Günther Groissböck. In den tiefen Passagen des Gebetes wäre vielleicht mehr Schwärze schön, aber man kann nicht alles haben. Sein Gehilfe (vulgo Heerrufer) ist Adrian Eröd, dessen Stimme merkwürdig flach klingt. Vielleicht sollte er in seiner Aktentasche auch ein Jausenpaket zur Stärkung mitnehmen und nicht nur Anwesenheitslisten, die der Chor im zweiten Akt anzeichnen muss.

Was die neuen Erkenntnisse sein können, die aus der Auffassung der Regie resultieren: Wer den längsten Gamsbart hat, schafft an.

Wolfgang Habermann

 

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