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WIEN/ Staatsoper: LOHENGRIN

19.06.2018 | Oper

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Copyright: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

WIEN / Staatsoper: LOHENGRIN am 18.06.2018

In der zweiten Vorstellung dieser Serie war eine erfreuliche Steigerung festzustellen – wir konnten eine recht gute Repertoirevorstellung erleben.

Sebastian Weigle, der Wagner-erprobte Generalmusikdirektor der Frankfurter Oper. konnte diesmal das ambitioniert spielende Staatsopernorchester an allzu intensiver Geräuschentwicklung hindern und so kamen auch die zarteren Passagen gut zur Geltung. Dass im Vorspiel die Blechbläser die Streicher zudecken und die mächtige Stimme der Ortrud bei „Segnet mir Trug und Heuchelei, dass glücklich meine Rache sei!“ bis zur Unhörbarkeit übertönt wird, kann man ja in den folgenden Vorstellungen möglichst vermeiden. Der Staatsopernchor incl. Zusatzchor war schon diesmal differenzierter, synchron und spielfreudig. Die herrlichen Stimmen dieses einzigartigen Klangkörpers faszinieren in einer „Choroper“ wie dem Lohengrin ganz besonders.

Durch die furchtbare Inszenierung, die auch mit handwerklichen und logischen Fehlern behaftet ist, wird Wagners Vorstellung vom Gesamtkunstwerk zerstört. In der biergeschwängerten Atmosphäre dieses Bühnenbildes kann weder eine romantische, noch eine mystische Stimmung erzeugt werden – was zum Glück bleibt, ist die wunderbare Musik – insofern stimmt das Halbzitat am Zwischenvorhang „Es gibt ein Glück“. Also: Augen zu und durch!

Gesanglich konnten wir eine Mischung aus guten und hervorragenden Leistungen genießen:

König Heinrich fand in Günther Groissböck einen wahrhaft königlichen Interpreten, der seit seinen vorigen Auftritten im September 2016 nochmal an Profil zugelegt hat. Sein wunderschön klingender Bassbariton überzeugt durch perfekte Technik und außergewöhnliche Wortdeutlichkeit – was wäre das für ein Caspar (Freischütz) gewesen? Der helle Bariton von Adrian Eröd als Heerrufer ergab einen logischen Kontrast und dokumentierte den Unterschied zum König – ein Respektabstand, der in der Inszenierung sträflich vernachlässigt wurde.

Die erfreulichste Leistungssteigerung war bei Robert Dean Smith zu hören. Er sang den Lohengrin konzentriert, auf klarer Linie und über weite Strecken schön und sehr emotional. Respekt und Dank für das kurzfristige Einspringen anstelle des erkrankten Christopher Ventris sei ihm sicher. Als Elsa von Brabant hörten wir Annette Dasch erstmalig in Wien. Sie verkörperte eine Frau Elsa, die der Jungfrau Elsa bereits entwachsen ist. Die mädchenhafte Zartheit sucht man vergebens – die „erwachsene“ Interpretation wirkt aber ab dem zweiten Akt durchaus rollengerecht, sicher und mit angenehmem Timbre.

In dieser Besetzung dominiert das „böse Paar“ und übertrifft das „edle Paar“ an gesanglicher Qualität und in der Gesamtwirkung deutlich. Elena Zhidkova ist eine stimmstarke, bedrohlich klingende Ortrud mit souveräner Tiefe, die auch in hochdramatischen Ausbrüchen immer klangschön und ausdrucksvoll bleibt. Einen halben Kopf größer und um zwanzig Kilo schwerer und sie wäre die perfekte furchterregende Seherin! Jukka Rasilainen ist ein Friedrich von Telramund mit dieser bedrohlichen Wirkung. Sein präsenter Bariton unterstützt diesen Eindruck mit polternder Stärke, aber trotzdem mit schönem, geradlienigem, sicherem Gesang.

Immer öfter stellt sich heraus, dass die schlechten, regisseurdominierten Inszenierungen den Sinn und die Aussage eines Werkes  – aus Unfähigkeit oder aus Unwissenheit – beschädigen und ich bin es leid, die Ablehnung dieser „Genieblitze“ mit mangelnder intellektueller Kompetenz des „konservativen“ Publikums erklärt zu bekommen. Nach meinen Beobachtungen leidet die überwiegende Mehrheit der Opernliebhaber unter fragwürdigen Uminterpretationen von selbstverliebten Regisseuren, die oft noch stolz verkünden, dass sie das Stück kaum kennen und deshalb unvoreingenommen ans Werk gehen (Beispiel: Richard Wagner und Otto Wagner als Regiekonzept für einen Parsifal!) Nicht jeder Besucher, der den Stil von Otto Schenk mag, ist zu dämlich, den Ideen eines Homoki, Räth, Sivadier, Martinoch…zu folgen; aber viele – auch ich – möchten es nicht. Uns genügt die Genialität von Wagner, Strauss, Verdi, Mozart…

Johann Jahnas

 

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