Copyright: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn
WIENER STAATSOPER: DIE TROJANER am 04.11.2018
Die Neuinszenierung von Berlioz‘ mächtiger Oper hat in der Staatsoper für großes Aufsehen gesorgt. Das Leading-Team (David McVicar – Regie, Es Devlin – Bühne, Kostüme – Moritz Junge und Licht – Wolfgang Goebbel) hat meisterhafte Arbeit geleistet. Schon der erste Akt bietet viel für das Auge, die Mauern Trojas, die sich nach vermeintlichem Abzug der Griechen öffnen und Platz für das berühmte Pferd (zumindest der Kopf ist zu sehen) freigeben, aber auch der Hof der Königin Didon lässt keinen Wunsch des konservativen Betrachters offen. Um die Massen der Trojaner und später der Tyrer so zu platzieren, dass man die Protagonisten auch noch sieht (und hört) ist keine kleine Aufgabe, die ausgezeichnet gelöst wurde. Der dritte Akt ist dramaturgisch wenig spannend, soll das Leben am Hof der Königin beleuchten und tut des Guten zu viel. Auch das Liebesduett im vierten Akt wirkt eher wie eine Geschichtsstunde der griechischen Mythologie, da sind zu viele Namen im Spiel.
Dass eine Sterbeszene lang sein darf, kennt man auch aus anderen Opern, in diesem Fall verzeiht man der tödlich beleidigten, rachedürstenden und lebensüberdrüssigen Didon aber doch. Ein kleiner Lapsus des Übersetzers: Die Götter wurden zum Teil mit den griechischen, zum Teil mit den römischen Bezeichnungen genannt.
Mit dem musikalischen Teil der Aufführung konnte man mehr als zufrieden sein. Joyce DiDonato war eine außergewöhnliche Didon, sie setzte ihre glasklare, kräftige Stimme ohne Rücksicht auf Verluste ein, da fehlte es aber auch nicht an zarter Lyrik im Liebesduett. Sie spielte die Zerrissene mit großer Leidenschaft und tollem Temperament – ein Ereignis. Brandon Jovanovich hat das richtige Stimmmaterial für den Enee, kraftvoll, leicht metallisch und sicher in der Höhe. Den zwischen Liebe und Pflicht schwankenden Krieger spielte er passabel, Gesang liegt ihm mehr als Schauspiel. Ausgezeichnet war auch Anna Caterina Antonacci als Cassandre. Nach anfänglicher Unsicherheit legte sie sich bald mächtig ins Zeug, um die Trojaner vor ihrem Verderben zu warnen, aber da half auch der Totaleinsatz ihrer eindrucksstarken Stimme nicht. Jongmin Park sang den Narbal mit profundem Bass, Szilvia Vörös ließ als Anna mit wohltimbrierter Stimme aufhorchen. Auch Adam Plachetka als Chorebe, Paolo Fanale als Iopas und Rachel Frenkel als Ascagne rundeten das Bild der hervorragenden Protagonisten ab.
Das entfesselt spielende Orchester – da gab es keinerlei Schwächen – wurde vom ausgezeichneten Dirigenten Alain Altinoglu sicher durch die Wogen der Partitur geführt. Auch der Chor in jedem Akt unter Dauereinsatz leistete Großartiges. Das Publikum war begeistert und applaudierte auch nach dem Fünfstunder heftig und ausgiebig.
Johannes Marksteiner