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WIEN/ Staatsoper: L’ELISIR D’AMORE

04.03.2019 | Oper

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Andrea Carroll. Foto: M.Pöhn/Wiener Staatsoper

WIEN / Staatsoper: Gaetano Donizettis „Lʼ ELISIR Dʼ AMORE“

Der Repertoire-Evergreen, nach wie vor animiert und heiter

3.3. 2019 – Karl Masek

Einspringer des Abends: Dmitry Korchak als Nemorino für Francesco Meli, der die gesamte Vorstellungsserie abgesagt hatte. Seit nunmehr 11 Jahren singt der in Moskau geborene Tenor an der Wiener Staatsoper. Und er debütierte damals als … Nemorino! Schon im Juli 2003 war der damals 24-Jährige in Wien zu Gast: Im Rahmen des Festivals „Klangbogen“ sang er im Konzerthaus eine Vorstellung der Oper „Mozart & Salieri“ von Nikolai Rimsky-Korsakow. Zum stimmgewaltigen Bariton Sergei  Leiferkus als Salieri setzte er mit sozusagen bildhübscher Stimme als Mozart einen lyrischen Kontrapunkt in dieser konzertanten Aufführung. Man horchte auf – schon damals prophezeiten ihm viele eine große Karriere…

Einer insgesamt sehr animierten Vorstellung setzte der Edeltenor gleichsam die Krone auf. In allen Lagen perfekt gerundet die Stimme, auch im Spiel sehr engagiert, stellte er einen Nemorino fast wie aus dem Bilderbuch auf die Bretter. Schon die staunende Bewunderung der Gutspächterin Adina bei „Quanto è bella“ kam mit schöner Farbschattierung und schmelzendem Legato. Er spielte den verliebten, naiven Bauernburschen mit intensiver Emotionalität, ohne ihn ins Dümmliche abgleiten zu lassen. Die weich timbrierte Stimme (natürlich in der Mischung der Italianitá mit dem gewissen slawischen „Etwas“ – schließlich ist eine seiner Glanzpartien der Lensky – ) hat nicht nur im bejubelten „Una furtima lagrima“ eine Träne in der Stimme. Er ist von seiner Gefühlslage her in der Rolle näher „dem Seufzer“ als dem vom Rotwein angefeuerten „Trallalallala“. Vor allem: Kein tenoraler Selbstdarsteller ist er, sondern ein sehr ernsthafter, sensibler Gestalter, der auch in der Komik nie überdreht wirkt, sondern seine Pointen  mit Bedacht und somit punktgenau setzt. Kein tenoraler Draufgänger – aber ein Sympathieträger!

Große Freude konnte man an diesem Abend auch mit Andrea Carroll als Adina haben. Sie verlieh dieser von allen umschwärmten jungen und reichen Adina eine Vielfalt an Charakterzügen. Überlegen ist sie (weil gebildet und belesen), selbstbewusst, mit gehöriger Portion Koketterie. Sie weiß genau um ihre Wirkung auf die Männerwelt! Sie spielte dies mit sichtbarer Lust aus und zeigte darüber hinaus eine herrliche Sopranstimme, die mit Leichtigkeit die Koloraturen perlen ließ, aber im 2.Akt auch zu feiner Lyrik und „Herzenstönen“ fand, wenn sie Nemorino, nachdem sie auch ihn lange zappeln ließ, endlich ihre Liebe gesteht. Auch sie wurde stürmisch akklamiert.

Adam Plachetka bekommt den windigen Quacksalber und falschen Dottore Dulcamara immer besser in die Kehle, er spielte ihn auch mit Gusto als gerissenen Schwadroneur, der seinen billigen Rotwein am liebsten nicht nur Nemorino, sondern auch Adina und dem Gockel in Uniform, Belcore, andrehen würde. Köstlich die lässig servierten Extempores, wenn er mit dem Maestro suggeritore kommuniziert, als ihm der Name der Protagonistin aus dieser anderen Liebesgeschichte mit dem „fatalen Liebestrank“ nicht einfällt … ach ja, Isolde! Oder im Finale diesem auch eine Flasche Rotwein „verkauft“. Mario Pasquariello spielte da als Käufer mit, hielt dem Weinvertreter einen Geldschein aus dem Souffleurkasten entgegen, und das Publikum hatte seinen Spaß! Auch die Gerüchtestreuerin Gianetta (Ileana Tonca), die Nemorino zum reichen Universalerben eines angeblich verstorbenen Onkels „macht“, ergänzte verlässlich und gut gelaunt.

Orhan Yildiz sang und spielte den eitlen Belcore gut und auch mit der gebotenen Selbstironie. Dass zwei, drei Hochtöne ein bisschen gedeckt kamen, konnte man dabei verschmerzen. Auch dass der wie immer temperamentgeladene und einsatzfreudige Dirigent Marco Armiliato einmal im 2. Akt einmal ein anderes Tempo wollte als der nachhechelnde Chor, überhörte man großzügig. War doch die gesamte Aufführung höchst animiert und von gelöster Heiterkeit. Das Orchester der Wiener Staatsoper war diesmal mit vielen Substituten durchsetzt – sind doch die Wiener Philharmoniker derzeit bei der traditionellen „Woche in New York“. Aus dem Orchestergraben kamen dennoch viel Schwung und schöne Instrumentalsoli.

Der Chor der Wiener Staatsoper sang mit Animo und spielte immer noch viele Nuancen aus der Otto-Schenk-Inszenierung von 1980, die es bis dato auf 247 Aufführungen gebracht hat. Man sollte diesem sonnigen Repertoire-Evergreen Denkmalschutz gewähren!

Karl Masek

 

 

 

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