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WIEN/ Staatsoper: LE NOZZE DI FIGARO – mit fünf Debütanten

Neue Stimmen und Gesichter, die Freude machen

14.10.2018 | Oper


Erwin Schrott. Copyright: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

WIEN/Staatsoper: LE NOZZE DI FIGARO MIT FÜNF DEBÜTANTEN
Neue Stimmen und Gesichter, die Freude machen
12.10.2018
Von Manfred A. Schmid

Das kommt bei Repertoirevorstellungen – berichtet wird von der 47. Aufführung in der ziemlich verunglückten Inszenierung Jean-Louis Martinotys – nicht so häufig vor: Dass gleich sieben der insgesamt elf Namen auf der Besetzungsliste Debütanten sind! Durchwegs sehr erfreuliche noch dazu.

Beginnen wir gleich mit dem strahlenden Mittelpunkt des Abends: Die aus Südafrika stammende Golda Schultz, die nach ihrem Beginn am Klagenfurter Stadttheater in kürzester Zeit eine weltweit gefragte Sängerin geworden ist, steht als Contessa d´Almaviva erstmals auf der Bühne der Staatsoper. Ausgestattet mit einem fein abgestimmten Sopran, der diese von Mozart mit unvergleichlichem Gespür für die seelische Verfassung einer enttäuschten, liebenden Frau gezeichnete Gräfin wahr werden lässt, vermag Golda Schultz auch darstellerisch zu überzeugen. Ihre nachdenkliche, wehmutsvolle Arie „Dove sono“ ergreift zutiefst. Nach Mozart möchte man ihr gerne möglichst bald in einer Strauss-Oper, z. B. als Sophie im Rosenkavalier, wiederbegegnen.

Neu in der Rolle der Susanna ist Chen Reiss zu erleben, die im Haus am Ring schon in mehreren Partien ihre Vielseitigkeit und Wandlungsfähigkeit beweisen hat. Sie zeichnet Susanne als eine selbstbewusste junge Frau, die sich den Nachstellungen des zudringlichen Grafen mit Witz und Geschick zu entziehen versteht. Figaro, ihr Bräutigam, wird vom Rollendebütanten Riccardo Fassi dargestellt. Als Pistola bei seinem Hausdebüt 2016 im Falstaff noch in einer Nebenrolle eingesetzt, ist er damit in die Titelpartie avanciert. Ein idealer Bariton für Mozartrollen, mit seiner wendigen Stimme, gepaart mit einer sympathischen Ausstrahlung, aber auch für den Belcanto gut einsetzbar.


Svetlina Stoyanova (Cherubino), Riccardo Fassi (Figaro). Copyright: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

Ein gelungenes Rollendebüt legt auch Svetlina Stoyanova vor, seit Beginn dieser Saison Ensemblemitglied. Ihr Cherubino ist der androgyne Unruhestifter, der für erotische Verwirrung sorgt. Ein angenehm timbrierter Mezzo-Sopran, dessen Überschuss an Vibrato zum Beginn wohl einer gewissen Aufregung geschuldet ist und sich spätestens beim charmant vorgetragenen „Voi che sapete“ verflüchtigt. Einen weiteren Beweis dafür, wie gut die Staatsoper derzeit personell aufgestellt ist, was Nachwuchspflege betrifft, liefern die aus Äthiopien stammende und in Italien aufgewachsene Sopranistin Mariam Batistelli als entzückende Barbarina und der Bariton Peter Kellner als tollpatschiger Gärtner Antonio. Da wächst etwas heran, vorausgesetzt, dass man den Garten weiter sorgsam hegt und pflegt.

Und das gilt, last but not least, auch für Leonardo Navarro, Ensemblemitglied seit 2017, der als Don Basilio seinen bisherigen Einsätzen u.a. als Don Curzio und Herault de Séchelles (Dantons Tod) ein weiteres respektables Rollendebüt hinzufügen kann.

Zu guter Letzt nun zu den bewährten Kräften in dieser Vorstellung. Da ist selbstverständlich an erster Stelle Erwin Schrott in der Partie des virilen, auf erotisch Abenteuer spitzenden Conte d´Almaviva zu nennen. Dass er in den Baritonrollen von Mozarts Da-Ponte-Opern immer gute Figur macht und stimmlich und darstellerisch stets präsent ist – egal ob als Don Giovanni oder Leporello, Figaro oder Graf – ist in Wien längst bekannt und auch an diesem Abend weder zu überhören noch zu übersehen. Ulrike Helzel und Dan Paul Dumitrescu bewähren sich als routiniertes Buffo-Paar Marcellina – Don Bartolo, und Benedikt Kobel steuert – stets verlässlich und mit Freude an der Sache – den zerstreuten Don Curzio bei.

Das Orchester unter der Stabführung von Sascha Goetzel macht seine Sache – ebenso wie der Chor – gut, ist an einigen Stellen allerdings knapp daran, die parlierenden Personen auf der Bühne zu überdecken. Ein besonderes Lob verdient der (ungenannte) Begleiter der Rezitative am Hammerklavier. Es gibt reichlich Beifall – und begeisterten Jubel.

 

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