Staatsoper Wien, 20.09.2020: „LA FILLE DU RÉGIMENT“
Carlos Alvarez, Jane Archibald. Foto: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn
Eigentlich wollte ich gar nicht darüber schreiben, und einfach nur zur „Erbauung“ in die „Regimemtstochter“ gehen, aber die Umstände erzwingen es geradezu. Vorweg, es gab einen exzellenten Tonio – Javier Camarena , abgesehen von winzigen „Wacklern“ zu Beginn stimmlich überzeugend, strahlend bis zum „D“ in „Pour me rapprocher de Marie“ , die nahezu perfekt gelang, ( besser noch als die „C-Bravournummer“ „Ah mes amis“ ), sympathisch im Spiel, und eine ausgezeichnete Marie – Jane Archibald mit kräftigem, höhensicheren Sopran mit viel Gefühl und trotz der verlangten (zu) „burschikosen“ Art weit weiblicherer, sympathischerer Ausstrahlung als viele Vorgängerinnen, sowie einen erfreulich frisch klingenden und souveränen Sulpice in Gestalt von Carlos Alvarez.
Carlos Alvarez, Javier Camarena. Foto: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn
Donna Ellen war die sehr gut singende, und ausgezeichnet sprechende und darstellende Marquise de Berkenfield, die das Ärgernis des Abends , die Duchesse de Krakentorp in allen Belangen um Klassen distanzierte! Wer auf die unselige Idee kam, die sicherlich ausgezeichnete Darstellerin Maria Happel, die ich ansonsten sehr schätze, für diese Rolle zu engagieren gehört zur Verantwortung gezogen! Die völlig unnötige „Aufwertung“ dieser Chargenrolle in dieser Inszenierung durch das Engagement von Montserrat Caballe und weiterer gealteter Diven mag noch in begrenztem Maße nachvollziehbar und tolerierbar sein. Nun aber eine Schauspielerin, die gerade „aktuell“ ist, nicht die Kraft dafür hat, die große Oper gut hörbar auszusprechen, und dann ein endlos langes „Mylord“ zu trällern – das ihr absolut nicht lag, Piaf vergisst man besser sofort – wurde durch einen schallenden Ruf von der Galerie, nach dem schwachen Applaus für diese Gesangseinlage ( ob die jetzt verstärkt war oder nicht, war da auch schon egal ) punktgenau kommentiert: „Schwachsinn“! In der nächsten Serie kommt dann vielleicht Helene Fischer oder Conchita Wurst zum Einsatz… Nein, so geht’s wirklich nicht!
Foto: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn
Der schöne Abend, den Evelino Pido , der im Moment vielbeschäftigte, schwungvoll geleitet hat – die vielgepriesene Inszenierung von Laurent Pelly gefällt mir gar nicht, zu holzhammer – und slapstickmäßig wird da zur feinen Donizettischen Partitur im tristen Grau agiert – hätte ruhig 10 Minuten kürzer sein können.
Michael Tanzler