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WIEN/ Staatsoper: LA TRAVIATA

Nein, man gewöhnt sich nicht an diese Inszenierung

02.06.2018 | Oper


Irina Lungu. Copyright: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

WIENER STAATSOPER:  „LA TRAVIATA“ am 1.6.2018

Nein, man gewöhnt sich nicht an diese Inszenierung,  auch wenn sie noch so prominent besetzt wird. Alles ist beim Alten, die Flitter-Confetti im ersten Bild, die ewig Besoffenen, einzig Violetta griff weniger zur Flasche, Annina fällt im viertem Bild schon längere Zeit nicht mehr um. Sängerunfreundlich bleibt es auf alle Fälle, nicht nur, dass nach hinten alles offen ist, sie können nie eine Sekunde stimmlich Pause machen, das hieße einmal kurz abgehen, durchatmen und eventuell noch einen Schluck trinken.

Das alles soll ja eine Probe sein, es wirkt tatsächlich wie die erste Stellprobe und der Pseudoregisseur ist grenzenlos überfordert, gut gestikuliert von Christoph Nechvatal als Faktotum. 

Marco Armiliato leitete die musikalische Umsetzung großartig. Er hat Orchester und Bühne absolut in der Hand und kann herrliche lyrisch orchestrale Bögen spannen. Auf die Sänger war dabei natürlich zu achten, weil Stars nun mal etwas eigenwillig sind. Irina Lungu zeigte als Violetta ihr Stärken ab dem zweiten Bild intensiv. Zu Beginn klang die Stimme etwas überfordert, das kann natürlich auch das Bühnenbild bewirken, weil der Anfang, eigentlich wie immer in dieser Inszenierung etwas chaotisch wirkt und es doch einige Zeit dauert, bis die eigentliche Handlung eine kleine Chance hat. Ab dem zweiten Bild allerdings war sie eine Violetta der feinsten Art. Es ist wirklich bewundernswert, dass sie nach dem anstrengenden dritten Bild nicht eine Sekunde abgehen kann und dann sofort ins Schlussbild einsteigen muss. Die Arie sang sie intensiv und stark mit herrlichem Pianoschluss. Brava. Zusammen mit ihren Partnern gelang eine intensive Gestaltung der Kameliendame. Pavol Breslik war schon vor drei Jahren ihr Alfredo. Auch er brauchte einen gewissen Anlauf, um in die Spur zu kommen. Das „Brindisi“ sang er leider ohne Belcantoschmelz, eher wie ein Kampflied,  allerdings dann die Arie mit Cabaletta war tadellos. Besonders gut gestaltete er das dritte Bild und natürlich auch das „Parigi, o cara“ am Ende und hinterließ einen sehr schönen Gesamteindruck. Auch passen die beiden Stimmen sehr zu einander. Als Germont Granpere war Placido Domingo aufgeboten. Schon erstaunlich, dass er Ende der 1950ger in Mexico City als Bariton begann. Er sang an der Seite von Giuseppe di Stefano den Silvano/Christian in „Un ballo di maschera“. Nun verlängert er als Bariton seine Tenorkarriere, und lässt erkennen dass diese Stimme nie ein Bariton war. Seine Gestaltung ist natürlich einprägsam und intensiv, nur das „Baritonelement“ fehlt in der Gesamtkomposition. Es stehen zwei Tenöre auf der Bühne, einer mit viel Höhe war auch dabei. Biologisch gesehen ist die Leistung absolut zu respektieren.

Als Flora zeigte Margret Plummer wirklich schöne Stimme, Spielfreudigkeit und auch Anteilnahme um das Geschehen um Violetta. Als Annina war Bongiwe Nakani nach ihrer großartigen Ulrika eine Luxusbesetzung. Dottore Grenvil ist sicher schon Medizinalrat, so wird er von Dan Paul Dumitrescu mit bester Stimme dargestellt. Carlos Osuna war ein hörenswerter Gaston. Die weiteren Gäste und Angesellten bei Violetta und Flora seien pauschal gelobt.    

Der Chor unter Thomas Lang war gut studiert und spielte seinen Part sauber, mit vielleicht nicht so viel Freude wie in anderen Inszenierungen.

Für Oldboy Domingo gab es Auftrittsapplaus und am Ende flogen viele Sträußleins Richtung Bühne, sicher nicht von der Direktion sondern von Fans mit relativ guter Trefferquote.

Die Länge des Applaus ist mir unbekannt, auf alle Fälle war er heftig und das Orchester blieb erstaunlich lange sitzen!. 

Somit ein gelungener total ausverkaufter Abend., mit vielen Touristen, oder nennen wir sie „Schlachtenbummler“ in Sache Oper!

Elena Habermann

 

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