©Wiener Staatsoper
GELUNGENE WIEDERAUFNAHME VON ROSSINI’S CENERENTOLA (16.September 2015)

Margarita Gritskova Foto: Michael Pöhn (C) Wr.Staatsoper
Im Publikum viele Touristen, auf der Bühne drei Debütanten. Und ein „rising star“ in der Titelrolle – Margarita Gritskova ist drauf und dran zu einer wichtigsten Entdeckungen der Ära von Dominique Meyer zu werden. Die russische Mezzosopranistin mit Geburtsort St.Petersburg befindet sich weiterhin auf der Überholspur. In der vorigen Saison sang sie schon mit großem Erfolg drei Mal die Rossini-Version des „Aschenbrödels“. Nun läuft wieder eine Mini-Serie. Und wer möchte kann sich selbst davon überzeugen, wie sehr Margarita Gritskova in dieser anspruchsvollen Rolle gewachsen ist. Die Stimme ist größer geworden, die Tiefe wird mit mehr „Brusttönen“ versehen, die Höhe ist strahlend und metallisch. Dazu kommen perlende Koloraturen, eingelegte Verzierungen und stupende Läufe. Kurzum: Margarita Gritskova, die seit 2012 Ensemblemitglied der Staatsoper ist, kann in dieser Rolle mit Vorgängerinnen wie Christa Ludwig, Agnes Baltsa oder Elina Garanca mithalten. Das Publikum geriet jedenfalls in Begeisterung wie man sie sonst zumeist nur bei Pop-Konzerten findet.
Obwohl das übrige Niveau insgesamt „durchwachsen“ war. Die beste stimmliche Leistung – neben Cenerentola alias Angelina– bot Pietro Spagnoli als Don Magnifico. Mit Musikalität und viel Humor, mit einer unglaublichen Zungenfertigkeit und Ironie war der „böse Vater“ ein köstlicher Gegenspieler zur Russin. Allerdings klang seine Stimme viel zu jung – aber das wird sich ja in den nächsten Jahren automatisch ändern. Platz 3 – im Kritiker-Ranking- ist für mich Gabriel Bermudez als Dandini. Eine solide Leistung und ebenfalls ein Rollen-Debüt, gepaart mit Spieltalent. Immerhin! Dann Benjamin Bruns – er ist zu brav, zu deutsch, zu bieder. Kein italienischer Märchenprinz, kein „latin lover“ wie Juan Diego Florez. Aber er singt ordentlich, gerät jedoch bei den Spitzentönen an seine Grenzen und ist mit seiner Repertoire-Breite ein Glücksfall für jeden Direktor. Nett, hübsch aber letztlich doch zu „leichtgewichtig“ sind die bösen Stiefschwestern – Hila Fahima als Clorinda und Juliette Mars als Tisbe. Wirklich schwach war hingegen der neue Alidoro des Marco Vinco. Waren es die Nerven beim ersten Auftritt an der Wiener Staatsoper, er distonierte, klang fahl und indisponiert. Leider!
Bleibt das Orchester der Wiener Staatsoper unter dem jungen deutschen Dirigenten Michael Güttler lobend zu erwähnen. Und der Chor der Wiener Staatsoper (Leitung Martin Schebesta), der in der Inszenierung von Eric Bechtolf (Bühne und Kostüme Rolf und Marianne Glittenberg) seine Travestie-Begabung unter Beweis stellen kann. Apropos Inszenierung. Die Ansiedelung der Märchenoper Cenerentola in einem italienisches Auto-Haus der 50er Jahre mag Geschmacksache sein. Die vielen allzu langen Umbaupausen sind jedenfalls stimmungstötend und dürften im Alltag immer länger ausfallen als bei der Premiere. Jedenfalls endete die 23 Reprise dieser Produktion um fast eine Viertel Stunde später als angegeben. Aber was soll’s? Die Rossini-Märchenoper siegte ob all der Hindernisse. Denn die neue Cenerentola gab ihr Bestes! Man sollte sich den Namen Margarita Gritskova merken!
Peter Dusek