WIEN/ Staatsoper: „LA CENERENTOLA“ am 19.9. 2015
Pietro Spagnoli, Margarita Gritskova. Foto: Michael Pöhn/ Wiener Staatsoper
Wer es liebt, seinen Champagner aus Pappendeckelbechern zu trinken und dabei deutsche Comedy im Fernsehen zu verfolgen, ist mit dieser Produktion bestens bedient. Aus dem Drama giocoso wird unter den Händen von Sven-Eric Bechtolf in der uninspirierten und unpraktischen Bebilderung von Rolf Glittenberg bestenfalls eine halblustige Angelegenheit.
Der große Lichtblick in dieser Aufführung war die Angelina von Margaria Gritskova. Die junge Russin hat bereits im Frühjahr vorigen Jahres ihr Rollendebut (nachdem sie in der Premiere noch die Tisbe verkörperte). Schon damals konnte sie überzeugen, aber es scheint, als hätte ihre Tiefe noch an Breite und Wärme gewonnen, ohne dass die stupenden Koloraturen Schaden genommen hätten. Dabei ist sie im Spiel sehr locker und (soweit möglich) natürlich und ihr gebührt zweifelsfrei die Krone des Abends. Der absolute Höhepunkt das Rondo finale „Nacqui all’affanno„. Um sie herum eine Mischung aus Ensemble und Gästen, wobei es eindeutig einen Sieg der Gäste gab. Marco Vinco als Alidoro ließ einen wohlklingenden Bass hören und Pietro Spagnoli gab einen etwas dezenteren, stimmlich aber tadellosen Magnifico. Aber wer kann Benjamin Bruns erklären, dass diese Partie für ihn eine Amor fou ist. Seiner Stimme fehlt die Agilität für den Tenore di grazia und da helfen die sicher platzierten Acuti auch nichts. Bei seinem Diener Dandini steht die Sache leider nicht besser. Gabriel Bermudez scheint zu viel zu wollen. Sein Gesang klingt verquollen, die Koloraturen sind verwaschen und er kann eigentlich nur mit sympathischem Äußeren und quirligem Spiel zu punkten. Im Duett „Zitti, zitti, piano, piano“ waren beide Sänger so klanglos piano, dass ich mich an Fischleins Nachtgebet erinnert fühlte. Die beiden Stiefschwestern sind mit Hila Fahima und Juliette Mars zufriedenstellend besetzt.
Die Belcanto-Opern zählen nicht zu den Lieblingswerken des Orchesters. Um hier Rossini-Fieber zu erzeugen, wäre ein Motivator notwendig. Michael Güttler ist aber ein solider Dirigent, der nicht das Feuerwerk zünden kann. Der von Martin Schebesta einstudierte Herren- und Transvestitenchor erledigt seine (szenisch peinlichen) Aufgaben ordentlich.
Bei den Umbauten während der langen Lichtpausen wird offensichtlich kein Schalldämpfer heruntergelassen, sonst könnten nicht so viele Geräusche in den Zuschauerraum dringen.
Wenn sie sich nicht einen ganzen Abend antun wollen, gehen sie in der letzten Lichtpause rein und genießen sie Margerita Gritskova mit dem Rondo finale !
PS: Die Gebäudeverwaltung ist offenbar mit der Renovierung der Terassen noch immer nicht fertig (hat sie überhaupt schon begonnen ?). Daher sind die Türen nach wie vor verschlossen.
Wolfgang Habermann