STAATSOPER am 22.3.2024 CENERENT0LA 3.Vorstellung
Misha Kiria, Michael Arivony. Foto: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn
Mit der Bechtolf-Inszenierung kann ich mich nicht recht anfreunden; sie tut zwar nicht weh, aber ein Märchen sollte man nicht zeitlich fixieren wie hier- 1950 oder 60, so zerstört man das Märchen, und man könnte sich fragen, warum singt man da einen so altmodischen Text…… Immer wieder wird zu den unpassendsten Momenten mit Schnickschnack vom Sänger bei den schönsten und schwierigsten Phrasen abgelenkt. Auch der Chor agiert nach alter Schenk-anfänge-manier: jeder Chorist – ein Solist. Selbiger ist klein besetzt und singt sehr präsent. Im 2.Teil scheint es ein grösseres technisches Problem gegeben zu haben. Die Volksoperninszenierung gefällt mir entschieden besser.
Von den Protagonisten gefiel mir Roberto Tagliavini am besten, volle ausgeglichene Tongebung mit edlem Legato, und das mit einem Schuss Humor – eine wahre Freude. Schade, dass der Alidoro nicht mehr zu singen hat. Juan-Diego Florez ist soweit genesen, dass er praktisch in gewohnter Form durch die schwierige Partie kommt und dabei mit prächtigen Höhen prunkt. Die Nachwirkung einer Tracheitis sind vor allem für einen Tenor oft kompliziert…Leider spielt sich bei seinen schönsten Passagen hinter ihm eine Dauerbewegung ab…..lasst uns doch in Ruhe ihm zuhören. Vasilisa Bershanskaya in der Titelrolle machte mir einen etwas zwiespältigen Eindruck. Sie hat eine gute tiefe Lage, kann Koloraturen virtuos bringen und hat eine tolle Höhe, die zumeist vehement eingesetzt wird, und dann glaubt man, dass sie gerade die Amneris singt. Das stimmliche Gesamtpaket stimmt dann nicht unbedingt. Der Majorität im Publikum schien das nichts auszumachen, sie bekam mit Abstand den meisten Applaus; auf jeden Fall eine bedeutende Stimme. Misha Kiria, angeblich auch verkühlt, lässt dies in keinem Augenblick merken, singt und spielt einen saftigen Don Magnifico. Auch Michael Arivony kann dem Publikum gefallen, er ist eine gute Hausbesetzung für den Dandini; in seinem Spiel etwas überdreht…Ileana Tonca und Isabel Signoret sind die äusserst boshaften Schwestern, kontrastieren das mit ihren schoenen Stimmen und komplettieren die Ensembles aufs Beste.
Das Dirigat von Gian Luca Capuano hat mir besonders gut gefallen, endlich wieder einmal ein Dirigent, der nicht sich selbst oder für das Publikum dirigiert. Fast mutet es wie eine Masterclass für – nicht nur- angehende Kollegen, die mit meist grosser Show beeindrucken wollen, an. Maestro Capuano benutzt die Rechte zu kleinem, klaren Taktieren – das hat den Vorteil, dass das relativ gross besetzte Orchester die Stimmen nicht zudeckt – und er hat eine bemerkenswert independente, will sagen unabhängige linke Hand, mit der er nicht nur umblättert, sondern extrem viele Einsätze gibt und Phrasierungen anzeigt. Schade, dass es wahrscheinlich- wie oft üblich -keine oder kaum eine Orchesterprobe gegeben hat.
Starker Applaus, der aber nach weniger als 5 Minuten verebbte; für eine so schöne Vorstellung entschieden zu wenig… mit Hilfe einer Dame in einer Nachbarloge konnte ich dann gerade noch einen Vorhang erzwingen.
alcindo