Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

WIEN/ Staatsoper: IL TROVATORE: Köcheln auf kleiner Flamme

26.09.2019 | Oper


Yusif Eyvazov. Foto: Wiener Staatsoper/Michael Pöhn

25.9.2019 – IL TROVATORE: Köcheln auf kleiner Flamme

Es gibt diese Abende, an denen eine Vorstellung nicht und nicht in die sprichwörtlichen Gänge kommen, wo sich die Energie auch eines klassischen Meisterwerks der Opernliteratur nicht und nicht verströmen will, und auch ein Trovatore trotz des allenthalben das ganze Stück hindurch beschworenen lodernden Feuers nur auf kleiner Flamme dahin köchelt. Die Ursache dafür wird man im konkreten Fall als erstes beim Träger der musikalischen Gesamtverantwortung zu suchen haben: beim Italiener Alberto Veronesi, der anscheinend auf der Basis seiner bisherigen Erfahrungen erstmals am Pult der Wiener Staatsoper mit einem wenig inspirierten Ansatz das Flair der italienischen Provinz verströmte und mit ans Parodistische grenzender Theatralik das Kunststück zuwege brachte, in beinahe jeder Nummer des Werks wenigstens einmal die Kontrolle über das Geschehen zwischen Graben und Bühne zu verlieren. Orchester und Bühnenorchester der Wiener Staatsoper taten wie ihnen geheißen bzw. unterstützten den Maestro so gut es ging, wenn es galt, durch abrupte Ritardandi und ähnliche Manöver das Steuer wieder zu fassen zu kriegen. Chor und Extrachor des Hauses, studiert von Thomas Lang, machten das Beste (oder wenigstens das Mögliche) aus der Situation und schmetterten ihre Ohrwürmer.

Von den Solisten war es am rumänischen Bassisten Sorin Coliban, das Geschehen als Ferrando mit einer Exposition der Vorgeschichte (Di due figli) zu eröffnen. Da er sein Rollendebüt als Einspringer für den erkrankten Yongmin Park gab, wird auf eine Rezension seiner Leistung verzichtet – bis zum ersten regulären Auftritt als Luna’scher Hauptmann sollte er aber an seiner Artikulation und an der Kontrolle seines Vibrato arbeiten. Roberto Frontali wiederum brauchte eine Weile, bis ihm sein schlanker, an sich kräftiger Bariton ohne (vor allem in Höhe merkbare) Einschränkungen zur Verfügung stand und ihm eine markante Verkörperung des Conte di Luna ermöglichte. Dass er in seiner zentralen Szene (Il balen del suosorriso) zwischenzeitlich fast ganz aus der Bahn geworfen wurde, geht weniger auf seine denn auf die Rechnung des Dirigenten.

Als Titelheld und somit als Lunas Rivale (und Bruder) war Yusuf Evazov zu hören, der den Rezensenten einigermaßen ratlos machte: denn der sichtlich erschlankte Tenor ließ immer wieder sowohl mit zarten, lyrischen Phrasen wie auch mit voluminösen Akzenten aufhorchen – um wenige Takte später mit anscheinend völlig anderem technischen Ansatz in eine unschöne Engführung zu verfallen, die seine Stimme klein machte und nicht mehr tragen ließ. Es scheint – wie es sich auch in der Stretta, auf die in dieser Oper ja in gewisser Weise alles zuläuft, zeigte – alles da zu sein und doch nicht immer verlässlich (und vor allem: kultiviert) zur Verfügung zu stehen. Dem Manrico zur Seite stand als unglücklich liebende Leonore Michelle Bradley, die sich in dieser Serie erstmals in Wien präsentierte. Die Amerikanerin nennt zweifellos eine recht große Stimme ihr Eigen, die, wie sie gegen Ende an einigen eingelegten Spitzentönen demonstrierte, auch zu „Höherem“ fähig ist, die von der Sängerin aber nicht in dem Maß beherrscht wird, wie es zu wünschen bzw. notwendig wäre. So beeinträchtigen unangenehme Schärfen die Gestaltung fast der ganzen Partie; andererseits fehlt dem dunklen Sopran die für die Leonora ebenfalls geforderte Geläufigkeit, weshalb Passagen wie die Cabaletta (Di taleamor) eine Tendenz zu kehliger und unsauberer Intonation zeigen. Dafür gelingt Monika Bohinec eine temperamentvolle, mit dunklem, „saftigem“ Alt betont schön gesungene Azucena, die lediglich an den exponierten, höher gelegenen Stellen wie dem abschließenden Rache-Fluch noch etwas Entwicklungspotential zeigt. Von ihr getragen zeigen sich auch ihre Kollegen in den Ensembles (wie etwa in „Ai nostrimonti“ – „Parlar non vuoi“) von ihren besseren Seiten.

Der Vollständigkeit halber seien noch die fast zu wenig präsente Ines der Simina Ivan und der Ruiz von Carlos Osuna erwähnt, die gemeinsam mit Oleg Savran (Un vecchio zingaro) und Oleg Zalytskiy (Un messo) ihren Beitrag zum Fortgang der Ereignisse leisteten.    

Valentino Hribernig-Körber

 

Diese Seite drucken