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WIEN/Staatsoper: IL BARBIERE DI SIVIGLIA von Gioachino Rossini

Eine mitreißende Festa italiana im Haus am Ring

05.10.2018 | Oper

Adrian Eröd als Barbiere und Margarita Gritskova als Rosina       Foto. (c) M.Pöhn/WSO

Eine mitreißende Festa italiana im Haus am Ring
IL BARBIERE DI SIVIGLIA von Gioachino Rossini an der Wiener Staatsoper
Am  4.10.2018      Von Manfred A. Schmid

Man soll die Feste feiern, wie sie fallen, sagt eine alte Lebensweisheit. An einem Opernhaus muss das nicht unbedingt immer an einem Feiertag – dem Tag der Premiere – sein. Ganz im Gegenteil, da sind oft die im Vorfeld aufgeschaukelten Erwartungen größer als das, was einen dann tatsächlich erwartet, und die Enttäuschung groß.

Außerdem, und das ist eine weitere zur Erkenntnis gewordene Lebenserfahrung: Der Wert eines Opernhauses zeigt sich vor allem darin, wie es sich im Alltag des Repertoirebetriebs präsentiert. Und da ist die Wiener Staatsoper in der Regel doch recht gut aufgestellt, wie es sich derzeit bei der kleinen Aufführungsserie von Rossinis Il Barbiere di Sevilla wieder einmal bestätigen lässt. Basis dafür ist ein solides und gut gehegtes Ensemble, aus dem immer wieder spätere Stars hervorgehen – wie das im vorliegenden Fall wohl mit der famosen Gritskova zu erwarten sein dürfte.

Als Rosina liefert Margarita Gritskova ein Lehrbeispiel Rossinischer Belcanto-Kunst, mit herrlich perlenden Koloraturläufen und anmutige Sequenzen, ergänzt durch ein feines Gespür für die schalkhaften Momente in ihren Auftritten, die sie darstellerisch blendend meistert.

Ebenso fabelhaft ist freilich auch Adrian Eröd, der in seiner Interpretation des Barbiere dem legendären „Faktotum der schönen Welt“ längst einen ganz persönlichen Stempel aufgedrückt hat und ihm so ein markantes, unverwechselbares Profil verleiht. Schlaksig und augenzwinkernd geht er ans Werk, die Schwächen und Stärken seiner Mitmenschen genau taxierend und für seine Ränkespiele mit Geschick verwertend.

Erfreulich auch die Leistung von Jinxtu Xiahou als Almaviva alias Lindoro, ebenfalls eine Hausbesetzung, auf die man mit Recht stolz sein kann. Sein sicherer, heller Tenor wird – auf einem bereits hohen Niveau – tatsächlich immer besser, und auch sein Spiel gewinnt an Farbe.

Mit Wolfgang Bankl ist ein bewährter, vielseitig einsetzbarer und – wie man so sagt – mit allen Wassern gewaschener Bass als Bartolo zu erleben. Ein Komödiant erster Güte und ein enorm    ausdrucksstarker Sänger, der in seinem Portfolio so unterschiedliche Typen wie den Ochs oder Klingsor anzubieten hat. Für die Staatsoper also ein Mann für fast alle Fälle.

Sein Hausdebüt als Basilio hat der aus Weißrussland gebürtige Anatoli Sivko. Darstellerisch füllt er die Rolle des heuchlerischen und geldgierigen Musiklehrers gut aus und scheint auch, was den Applaus betrifft, beim Publikum gut anzukommen. Sängerisch aber gibt es doch Defizite hinsichtlich Stimmlage und Durchschlagskraft.

Verlässlich und routiniert agieren und singen Siminia Ivan als Kammerzofe Marzellina und Hans Peter Kammerer als Fiorello. Jean-Christophe Spinosi trägt dass Seine dazu bei, dass auch im Orchestergraben mit Lust und Spielfreude ein kleines Fest gefeiert wird. Und was wird da eigentlich gefeiert? – Gioacchino Rossinis beliebteste Oper, die heuer ihre 200. Geburtstag hat!

Manfred A. Schmid
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