WIEN / Staatsoper: HÄNSEL UND GRETEL am 29.12.2016
Margaret Plummer (Hänsel), Chen Reiss (Gretel). Copyright: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn
Erstmals musste sich die Inszenierung von Adrian Noble in einer Repertoire-Serie bewähren und wir können bestätigen, dass die märchenhafte, aber kitschfreie Stimmung und der erfreuliche Gesamteindruck der Premierenserie erhalten werden konnte.
Dieser Erfolg hatte zwei Väter: Zum Ersten den Dirigenten – Axel Kober, GMD der Deutschen Oper am Rhein, sorgte dank seiner Wagner-Kompetenz für dynamische, aber auch für zarte Stimmungen, die der komplexen Musik von Engelbert Humperdinck gerecht wurden. Sängerfreundliche, aber glücklicherweise nicht übertriebene Zurückhaltung bei nicht sehr großen Stimmen erhielten auch in den Spielszenen den musikalischen Fluss. Wir hätten uns in den temperamentvollen Passagen etwas weniger Lautstärke gewünscht – mag sein, dass in den Folgevorstellungen noch etwas nachjustiert wird – schließlich handelte es sich um ein Hausdebut des Maestro. Das Staatsopernorchester lieferte die bekannten Qualitäten wie glitzernden Streicherklang, wunderbare Holzbläser und balsamische Wiener Hörner. Der entzückende Kinderchor brachte die Eltern(und Großeltern)herzen zum Schmelzen.
Die herausragende Sängerpersönlichkeit des Abends war Sebastian Holecek als Peter Besenbinder. Der mächtige, technisch perfekte Bariton dominierte jede Szene und machte mit Stimmschönheit, Sicherheit und Gefühl ungetrübte Freude. Neben ihm hatte es Donna Ellen als Gertrud nicht leicht. Sie schien keinen besonders guten Tag erwischt zu haben – Ihre Stimme klang angestrengt, gepresst und war oft nicht zu verstehen – das wird, dank vorhandenem Potential, an den nächsten Abenden sicher souveräner.
Die Darsteller der beiden Kinder überzeugten durch temperamentvolles, aber auch berührendes Spiel – sie konnten den kindlichen Ausdruck gut vermitteln, was in einem sehr stimmungsvollen Abendsegen einen emotionalen Höhepunkt fand. Chen Reiss war die dominante Hälfte des Geschwisterpaares; sie sang die Gretel mit schön klingendem Mädchensopran und hatte den Ausdruck von Übermut, Ängstlichkeit und Fürsorge in der Stimme. Margaret Plummer hatte als Hänsel die besten Szenen in den Duetten mit der Schwester – die Wortdeutlichkeit ließ bei beiden etwas zu wünschen übrig.
Dass man hohe Frauenstimmen auch gut verstehen kann, bewies Maria Nazarova als Sandmännchen und als Taumännchen. Die junge russische Sopranistin mit der schönen, glockenhellen Stimme zeigt eine beachtliche Sicherheit und ist ein Gewinn für das Ensemble der Wiener Staatsoper.
Michaela Schuster war – wie in der Premierenserie – eine schrille, bedrohliche aber zum Glück etwas dämliche Hexe – so wie sich das im Märchen gehört. Ihr Aussehen hat aufgrund einer Regierungsumbildung an Aktualität verloren.
Wir erlebten eine angenehme Vorstellung, die für uns den stimmungsvollen, fröhlichen Ausklang des Opernjahres bedeutet – wir wünschen allen Lesern ein erfolgreiches Neues Jahr.
Maria und Johann Jahnas