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WIEN Staatsoper Giacomo Puccini LA FANCIULLA DEL WEST

23.01.2017 | Oper
Emily Magee und Aleksandrs Antonenko bei den Freuden des Camps (Foto:

Emily Magee und Aleksandrs Antonenko  (Foto: M.Pöhn)

Wiener Staatsoper
Giacomo Puccini „LA FANCIULLA DEL WEST“
21.Jänner 2017
16.Aufführung in der Inszenierung von M.A.Marelli

 

„Wegen plötzlicher Erkrankung von Marco Armiliato…“ die kurze Nachricht auf dem kleinen Zettel im Programmheft lässt tatsächlich auf die angesagte Plötzlichkeit schließen, konnte doch von den Goldgräbern auf der Bühne tatsächlich niemand über diesen neuen Mann namens FRANCESCO ROSA am Pult etwas aussagen.  Und wer nicht schon dem geborenen Paduaner bei einem Besuch der unzähligen Opernhäuser Europas von Verona bis zur Opéra Bastille begegnet ist (die Liste der Opernhäuser ist tatsächlich enorm und reicht sogar bis zur MET), sollte wenigstens erfahren, dass der derzeitige erste Dirigent in Maribor das Dirigieren bei Emil Tschakarow, dem früh verstorbenen Bulgaren gelernt hat. Und dieser wiederum war ein Schüler Herbert von Karajans und hat für das Label Sony eine erkleckliche Anzahl slawischer Opern aufgenommen. Da schließt sich schon ein großer Kreis und das merkte man positiv dem Dirigat dieses Abends an.

Der etwas professoral wirkende Einspringer am Pult, der gleich zum Einstieg im Vorspiel enorme Dramatik, auch mit entsprechender Lautstärke, entwickelte, wachte in Folge mit den spinnenartigen Bewegungen der Finger seiner linken Hand erfolgreich über die Dynamik des Orchesters und damit über die Hörbarkeit der Protagonisten. Und wenn das ein Debüt in Wien war, dann war es ein durchaus erfolgreiches, das Publikum spürte das auch und dankte mit rund neun Minuten Applaus  bei den Schlussvorhängen.

Natürlich hatte der neue Mann im Graben einen Bonus mitbekommen: Marco Armiliato hatte bereits drei Vorstellungen in dieser Serie betreut, ehe er absagen musste. So konnte man also auf eine stimmige Aufführung hoffen. Das machte natürlich die Stimmen nicht feiner, aber die Abstimmung untereinander war fraglos bereits hörenswert. Wie sagte doch einst Joseph Krips, der unermüdliche Probierer: „Ich bin der Meinung, dass zwei Sänger, die noch nie miteinander gesungen haben, erst nach der vierten gemeinsamen Aufführung richtig zusammen klingen.“ So zu lesen im Heft Nr.3 des 1.Jahrgangs des Merkers, also 1956.

Emily Magee hat nicht den großartigen Auftrttsgen für diese Fanciulla zu bieten, sie lebt die Erfahrung ihres bisherigen Lebens mit allen negativen Facetten vor, fühlt sich sichtlich verbunden mit den vielen Schicksalen der Insassen des Camps, die ja nur einen Weg verfolgen, dem der Suche nach Glück und nach der Möglichkeit, schnell wieder nach außen zu kommen. Das passt auch gesanglich bei der Magee, da scheint nicht allzu viel Farbe mehr in der Stimme zu liegen, da liegt die Hoffnungslosigkeit wie ein Schatten über dem Gesang. Erst im Schlussbild gewinnen der Mut und die Hoffnung und die Liebe auch wieder Anteil am Vortrag. Ihr Liebhaber, der lettische Spintotenor Aleksandrs Antonenko mit seiner nicht immer zum Wohle der Gesangslinie eingesetzten riesigen Stimme und dem Hotzenplotzcharme nimmt nicht sonderlich für sich ein, er stellt mit seiner Rollenauffassung für die arme Minnie wohl nur so etwas wie eine Notlösung dar.

Bleibt der Sheriff Jack Rance, der bei Andrzej Dobber zum frustrierten Loser wird; dass er keinen Kavaliersbariton haben muss liegt bei der Rolle auf der Hand und man lernt, sich an seine raue Stimme zu gewöhnen und an seine bärbeissige Art sowieso. Dafür führt die Staatsoper die unterschiedlichsten Typen aus ihrem Ensemble vor, zwölf Männer in vierzehn Rollen, von Carlos Osuna und Orhan Yildiz über Igor Onishchenko bis Wolfram Igor Derntl, von Boaz Daniel und Ryan Speedo Green über Thomas Ebenstein bis Clemens Unterreiner seien diese hier nur stellvertretend für alle genannt und Ilseyar Khayrullova auch dazu in zwei Rollen. Zusammen mit dem Chor der Wiener Staatsoper unter Thomas Lang und dem Extrachor führen alle gekonnt und mit Spielfreude das wenig beneidenswertes Schicksal in diesem Container-Camp vor Auge und Ohr.

Peter Skorepa
MERKEROnline

 

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