WIEN/ Staatsoper: FAUST 06.11.2025

Die Vertonung eines vielfach fragwürdigen Stückes (Frauenfeindlichkeit, Krieg, Religion) aufzuführen, ist heutzutage kaum ratsam. Im Haus am Gürtel wäre es nur mit größeren Umbauten in Text und Inhalt (Faust versinkt als Wanderhirte in der Sahara im ersten Akt in einer Sanddüne) möglich. In der Staatsoper löst man das Problem durch Überzeichnung mancher Passagen, durch Überladung der Bühne mit Videos und buntem Zeug. Das muss man mögen, oder auch nicht. Wem es nicht gefällt, dem bleiben nur Erinnerungen an andere Zeiten.
Leider blieb auch der musikalische Teil unter den Erwartungen. Frederic Chaslin bemühte sich um Koordination, beim Chor gelang das nicht optimal. Auch individuelle Fehler bei den Bläsern, sowie gelegentliches Schleppen sorgten für einen getrübten Eindruck. An der Spitze des Bühnenensembles ist Olga Kulchynska als Marguerite zu nennen. Ihre Stimme vereint zarte Lyrik und dramatische Kraft mit makelloser, strahlender Höhe. Mangelhafte Personenführung darf man nicht ihr, sondern dem Regisseur Frank Castorf zum Vorwurf machen. John Osborn war ein wackerer Faust, nach vorsichtigem Beginn schaffte er die Spitzentöne mit Bravour, seine Mittellage wäre ausbaufähig. Alex Esposito konnte dem Mephistopheles ein gerüttelt Maß an Bösartigkeit verleihen, auch stimmlich war er sehr präsent. Die absolute Tiefe ist seine Sache nicht. Als Valentin blieb Stefan Astakhov blass, seine an sich kräftige Stimme klang zu unausgewogen. Monika Bohinec bot als Marthe die gewohnt solide Leistung. Sehr gut auch Margaret Plummer als Siebel. Ein langer, auch für das Publikum anstrengender Abend, endete in mattem Applaus.
Johannes Marksteiner

