Wien/ Staatsoper: FAUST von Gounod
12.11.25 „Faust im Repertoire“ Wiener Staatsoper

Das wäre ein Inszenierung des „Faust“, würde sich die mephistophelische Verjüngung des Herrn Doktor magischer Weise auch im anwesenden Publikum manifestieren: Jeder Achtzigjährige verließe dann die Staatsoper als schnittiger Jüngling – und das Haus am Ring wäre ob solcher inszenatorischer Wundertat auf Jahre hinaus ausverkauft. Aber solche Wunder sind nicht einmal einem „Theaterabenteurer“ wie Frank Castorf gegönnt.
Doch ein szenisches „Abenteuer“ ist dieser „Faust“ zweifelsohne, angereichert mit Amüsement und viel Video. Castorf hat sich mit gefinkelter Bühnenlogistik auf die Spur des von Geheimrat Goethe geadelten Schwarzkünstlers gemacht, auf den Charles Gonoud seine erfolgreiche Oper komponiert hat. Und das Bühnenbild von Aleksandar Denic, dieses „Schnipsel“ eines im Banne des Algerienkrieges stehenden Paris, das in seiner gedrängten Konstruktion städtische Vielfalt und Verrottetheit auf die Bühne hievt, hat sich abseits des Castorfschen „Regieanarchismus“ schon eine Würdigung verdient.
Natürlich geht dieses „Abenteuer“ nicht ohne „Kollateralschäden“ ab: Vor allem Marguerites mädchenhafte Naivität kommt schwer unter die „Räder“ und sie mutiert zur leichtlebigen Prostituierten, die eine elsternhafte Gier nach Schmuck zu treiben scheint. Gegenüber dem Komponisten ist das zwar ziemlich geschmacklos (und vor dem Hintergrund des gefeierten Kirchenmusikers Gonoud geradezu sündhaft): Aber ließe sich ein Castorf dadurch aus der Ruhe bringen? Er baut eben seine Bühnenwelt, „postdramatisiert“ sich durch die deutsche Theaterlandschaft, und das Publikum muss froh sein, wenn das Ergebnis solch egomanischer Um- und Überschreibungen so „zahm“ ausfällt, wie in diesem Fall.
Olga Kulchynska war die Aufgabe anvertraut, die „gefallene“ Marguerite zu geben. Die Sängerin hat in den letzten Jahren eine steile Karriere hingelegt, war diesen Sommer auch bei den Salzburger Festspielen engagiert. In Wien hat sie sich bereits 2019 als „Figaro“-Susanna vorgestellt, im Konzerthaus unter der exzentrischen Stabführung von Teodor Currentzis. Im selben Jahr erfolgte auch ihr Debüt an der New Yorker Metropolitan Opera, an der Staatsoper hat sie 2022 als Micaela debütiert.
http://www.operinwien.at/werkverz/gounod/afaust12.htm
Dominik Troger/ www.operinwien.at

