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WIEN/ Staatsoper: „FARINELLI & FRIENDS“ –  Galakonzert und gleichzeitig glanzvoller Saisonabschluss

WIEN / Staatsoper: „FARINELLI & FRIENDS“ –  Galakonzert am 11.7.2024

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Cecilia Bartoli. Foto: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

 Das Beste kommt zum Schluss: Für den letzten Abend des unter dem Motto „Barocchissimo“ stehenden Gastspiels des Opernhauses von Monte-Carlo hat sich Intendantin Cecilia Bartoli etwas Besonderes einfallen lassen. Sie hat zwölf der besten Sänger aus dem Bereich der Barockoper eingeladen um gemeinsam mit ihr in einem Konzert unter dem Titel „Farinelli & Friends“ 19 der schönsten Arien, Duette und Ensembles aus Werken von Georg Friedrich Händel, Antonio Vivaldi, Johann Adolph Hasse, Niccolò Piccini, Carl Heinrich Graun und Nicola Antonio Porpora zu singen. (Seltsamerweise standen aber keine Arien auf dem Programm, die für Farinelli geschrieben worden sind.)

Den ganzen Abend über, der natürlich wieder von Les Musiciens du Prince – Monaco unter Gianluca Capuano begleitet wurde, wurden im Bühnenhintergrund Ansichten des Opernhauses von Monaco eingeblendet.

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Carlo Vistoli. Foto: Wiener Staatsoper/Michael Pöhn

Nachdem Cecilia Bartoli in den Tagen zuvor schon dreimal als Cleopatra in „Giulio Cesare in Egitto“ und am Abend zuvor in „Their Master’s Voice“ aufgetreten war, eröffnete sie das Galakonzert mit der Arie der Almirena „Augelletti che cantate“ aus Händels Oper „Rinaldo“, wo sie mit Vogelstimmen um die Wette sang. Anschließend sang sie gemeinsam mit Carlo Vistoli, der bei diesem Gastspiel ja ihr Julius Caesar war, das Duett „Scherzano sul tuo volto“, ebenfalls aus „Rinaldo“. Danach sang Sara Mingardo, die Cornelia der „Giulio Cesare“-Aufführungen, mit weich strömender Altstimme die Arie „O lord whose mercies numberless“ aus dem Oratorium „Saul“ von Händel.

In dem Terzett „S’egli è ver che la sua rota“ aus der Oper „La fida ninfa“ von Vivaldi vereinigten sich die Stimmen von Regula Mühlemann, Ann Hallenberg und Maxim Mironov. Der russische Tenor Maxim Mironov, der an der Wiener Staatsoper schon als Lindoro („L’Italiana in Algeri“), Graf Almaviva („Il barbiere di Siviglia“), Don Ramiro („La Cenerentola“) und Ernesto („Don Pasquale“) aufgetreten ist, sang anschließend noch die Arie „Vede orgogliosa l’onda“ aus „L’innocenza giustificata“ von Hasse.

Den Vogel abgeschossen hat jedoch Bruno de Sá, mit der Arie der Marchesa Lucinda „Furie di donna irata“ aus Piccinis Oper „La buona figliola“. Aufgrund eines Dekrets von Papst Sixtus V. aus dem Jahr 1588, das Frauen Bühnenauftritte im Kirchenstaat untersagte, wurden bei der Uraufführung dieser Oper am 6. Februar 1760 im Teatro delle Dame in Rom alle Rollen mit Männern besetzt. Die Rolle der Marchesa Lucinda sang damals der Kastrat Gaspero Savoj. Offensichtlich kannten einige Besucher in der Staatsoper Bruno de Sá noch nicht, obwohl er bereits mehrmals im Theater an der Wien für Furore gesorgt hatte. Nachdem der letzte Ton der koloraturgespickten Arie, gegen die die Arie der Königin der Nacht geradezu ein Klacks ist, verklungen war, prasselte ein Bravo-Orkan über den brillanten brasilianischen Sopranisten nieder. So bejubelt wurde in der ganzen Spielzeit kein anderer Sänger an der Wiener Staatsoper. Man hätte glauben können Plácido Domingo, José Carreras und Luciano Pavarotti hätten soeben „Nessun dorma“ oder „O sole mio“ gemeinsam gesungen, so tobte das Publikum.       

Dann gab es ein Wiedersehen mit der schwedischen Mezzosopranistin Anne Sofie von Otter, dem unvergesslichen Octavian der „Rosenkavalier“-Vorstellungen unter Carlos Kleiber. An der Wiener Staatsoper konnte man sie auch als Idamante in „Idomeneo“, als Komponist in „Ariadne auf Naxos“ und als Waltraute in der „Götterdämmerung“, aber leider nie im Barockfach sehen. Unvergesslich ist für mich ihr Orpheus von Gluck in der traumhaften Inszenierung von Mats Ek an der Stockholmer Oper. Mit der Arie „Will the sun forget to streak“ aus Händels Oratorium „Solomon“ kehrte sie nun nach neun Jahren zurück auf die Bühne der Staatsoper.   

Danach glänzte Carlo Vistoli noch einmal mit großer Virtuosität in der Arie des Arsace „Furibondo spira il vento“ aus der Oper „Partenope“, die Händel für den Kastraten Antonio Maria Bernacchi geschrieben hatte.      

Bereits vor acht Jahren debütierte Julie Fuchs überaus erfolgreich an der Wiener Staatsoper (als Marie in Donizettis „La fille du régiment“). Nun kehrte die bezaubernde französische Sopranistin mit der Arie der Morgana „Tornami a vagheggiar“ aus Händels „Alcina“ zurück auf die Staatsopernbühne. Ebenfalls aus „Alcina“ stammt die Arie des Melisso „Pensa a chi geme d’amor piagata“, die Péter Kálmán, der Achilla der „Giulio Cesare“-Vorstellungen, anschließend gesungen hat. 

Die schwedische Mezzosopranistin Ann Hallenberg ist zwar schon oft im Theater an der Wien aufgetreten, aber an diesem Abend stand sie erstmals auf der Bühne der Wiener Staatsoper. Sie glänzte mit der Arie des Serse „Crude furie“ aus „Serse“, die Händel für den Kastraten Caffarelli geschrieben hat.

Mit dem Duett „O lovely peace“ aus dem Oratorium „Judas Maccabaeus”, gesungen von Anne Sofie von Otter und Julie Fuchs, wurde das Publikum in die Pause geschickt.  

Auch der zweite Teil des Konzerts wurde von Cecilia Bartoli eröffnet. Sie sang, wie bereits am Vorabend, unglaublich gefühlvoll und berührend die Arie „Lascia la spina“ aus Händels Oratorium „Il trionfo del tempo e del disinganno“.

Danach stellte auch der Sesto der „Giulio Cesare“-Vorstellungen, der koreanisch-amerikanische Countertenor Kangmin Justin Kim, seine Virtuosität noch einmal unter Beweis mit der Arie der Serse „Se bramate d’amar“ aus „Serse“, die Händel ebenfalls für den Kastraten Caffarelli geschrieben hat.

Die armenische Altistin Varduhi Abrahamyan, haben wir ebenfalls schon mehrmals im Theater an der Wien erlebt (u.a. 2012 als Malcolm in Rossinis „La donna del lago“), aber an der Staatsoper ist sie bis dato noch nie aufgetreten. Mit der Arie des Anastasio „Vedrò con mio diletto“ aus der Oper „Giustino“, die Vivaldi für den Kastraten Giovanni Ossi geschrieben hat, stellte sie sich an diesem Abend im Haus am Ring vor.

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Ensemblefoto  von links nach rechts: Péter Kálman, Maxim Mironov, Anne Sofie von Otter, Carlo Vistoli, Ann Hallenberg, Varduhi Abrahamyan, Cecilia Bartoli, Julie Fuchs, Regula Mühlemann, Sara Mingardo, Max Emanuel Cenčić, Bruno de Sá, Kangmin Justin Kim. Foto: Michael Pöhn

Ensembles sind in Barockopern eher eine Seltenheit. Im Quintett „Anima mia, mio ben“ aus der Oper „La verità in cimento“ von Vivaldi vereinigten sich die Stimmen von Carlo Vistoli, Regula Mühlemann, Varduhi Abrahamyan, Sara Mingardo und Maxim Mironov. Anschließend glänzte noch Regula Mühlemann in der Arie „Tra le procelle assorto“ aus der 1742 in Berlin uraufgeführten Oper „Cleopatra e Cesare“ von Graun mit mühelosen Höhen.

Schließlich kam noch der Tolomeo der „Giulio Cesare“-Aufführungen zu einem großen Auftritt. In der Arie des Lottario „Quando si oscura il Cielo“ aus der Oper „Carlo il calvo“, die Farinellis Lehrer Porpora für den Alt-Kastraten Giuseppe Galletti komponiert hat, brillierte Max Emanuel Cenčić.

Zum Schluss sangen alle 13 Sänger zusammen als wohl teuerster Chor der Welt den Schlusschor „Sa trionfar ognor“ aus Händels „Alcina“ sowie als Zugabe dann noch den Schlusschor aus Händels „Giulio Cesare in Egitto“.

Der Jubel wollte kein Ende nehmen. Somit ging eine wenig glanzvolle Saison doch noch glanzvoll zu Ende.

Walter Nowotny

 

 

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