WIEN/ Staatsoper: FALSTAFF am 14.6.2022
Foto: Wiener Staatsoper/Michael Pöhn
Direktor Roščić kehrte zur einst von Marco Arturo Marelli ersonnenen Produktion zurück. Marellis Arbeit ist bunt. Gleitet in vielen Szenen in Klamauk ab; nimmt den Figuren die Ernsthaftigkeit, welche für das Verständnis von Verdis und Arrigo Boitos Komik unerläßlich ist. Sir John Falstaff bleibt doch Ritter; — auch, wenn er heruntergekommen und übermäßigem Alkoholkonsum nicht abgeneigt ist. Ein in seiner sozialen Stellung wahrscheinlicher Vorläufer des Baron Ochs auf Lerchenau — wenn Marelli ihn denn ließe. Doch Kostümbildnerin Dagmar Niefind und der Regisseur geben Sir John in seinen Kostümen, seinen Gesten bereits zu einem Zeitpunkt der Lächerlichkeit preis, da Verdi die Ernsthaftigkeit der Figur nur mit einem Augenzwinkern bedenkt…
…Die Überraschung des Abends war mir Gerald Finley als Sir John Falstaff. (Und das nicht nur der hervorragenden Maske wegen.) Mit fließendem Ton, mit klarer Diktion und sehr guter Phrasierung zeichnete Finley ein wunderbares Portrait des Ritters. Solche Qualität war auch in der vermeintlich » guten, alten « Zeit nicht alltäglich…
…Die Erkenntnis, daß es für Werke wie Falstaff der besten, wissenden Maestri bedarf, um Produktionen wie diese auch mit sparsamen Einsatz von Sänger-Stars zum Erfolg zu führen, hielt nicht lang vor. Was blieb? Eine musikalisch dürftige Vorstellung in einem stimmungsvollen Bühnenbild.
Doch das, so scheint’s, gilt heute als das zu erreichende Ziel.
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Thomas Prochazka/ www.dermerker.com