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WIEN/ Staatsoper: EUGEN ONEGIN. Augen zu, Ohren auf und durch…

27.11.2019 | Oper


Pavol Breslik (Lenski). Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

Augen zu, Ohren auf und durch…

Eugen Onegin

Wiener Staatsoper, 26.11.2019

 Die ganz und gar missglückte Inszenierung von Falk Richter erzürnt auch bei der schon 53.Aufführung. Diese Produktion ist eine verzichtbare und es wäre an der Zeit, sie zu entsorgen. Ohne näher darauf eingehen zu wollen sei nur gesagt – eine Mischung zwischen Stehtheater und Herumgetolle, eine absolut sängerfeindliche Bühnengestatlung, eine Karikatur eines Triquet. Grau-en-haft!

Die Kälte der Bühne spiegelte sich (gewollt oder ungewollt) anfangs auch im Dirigat von Michael Güttler wider. Das Staatsopernorchester klang etwas „trocken“, das Schwelgerische und Schwermütige ging etwas verloren. Dies änderte sich aber ab dem vierten Bild und der Abschluss gelang emotional und furios. Der Staatsopernchor unter Martin Schebesta holte sich beim Schlussvorhang den verdienten Soloapplaus ab.

Zum ersten Mal begegnete ich Boris Pinkhasovich in der Titelrolle. Der Russe hat eine fast „klassische“ St.Petersburger Ausbildung genossen – von Chorschule „Glinka“ über das Rimski-Korsakov Konservatorium, wo er Chordirigieren studierte und dann in die Gesangsabteilung überwechselte. Seit 2011 im Mikhailovsky Theater in St.Petersburg fix engagiert konnte er aber auch internationale Engagements annehmen. Sein Repertoire ist weit gestreut und geht von Rossini bis Britten. Seine Leistung war bei seinem Rollendebüt letzte Woche unterschiedlich beurteilt worden – meine Eindrücke waren wie folgt. Pinkhasovich hat eine wirklich schöne Stimme, die auch dem Typus eines Onegin absolut entspricht. Er ist noch jung und wir mit fortschreitendem Alter voraussichtlich noch besser werden. Nach Hvorostovsky und Mattei war er der Sänger, der mich in den letzten Jahren als Onegin stimmlich am meisten überzeugte. Sein „Problem“ ist das sehr jugendlich Äußere (was ja wiederum mit Puschkin übereinstimmt..), was ihn in Verbindung mit seinem sehr zurückhaltenden Schauspiel bis zur Duellszene wie eine Sphinx ohne Rätsel erscheinen ließ. In der Schlussszene war Pinkhasovich viel temperamentvoller, was dazu beitrug, das diese zum krönenden Höhepunkt des Abends wurde. Gesamtheitlich habe ich von diesem Sänger einen sehr guten Eindruck und seine Entwicklung sollte man auf jeden Fall mitverfolgen.


Marina Rebeka. Foto: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

Marina Rebeka ließ mich zwiespältig zurück – man nahm ich das schwärmerische junge Mädchen, das man irgendwie erwartet, nie ab (aber wiederum entsprach ihre Interpretation der Tatjana mehr der Novelle von Puschkin). In den beiden letzten Bildern war sie aber eine durch und durch überzeugende Gräfin. Sie glänze durch perfektes, akzentfreies russisch (was man leider von den Interpretinnen der Larina und Filipjwena nicht behaupten konnte), erhielt viel Applaus nach der Briefszene (die nach meinem Empfinden emotioneller ausfallen hätte können) und war anscheinend in einer besseren Verfassung als am Anfang dieser Serie.

Dieses Mal wirkte der Lenski viel reifer als sein „Todfreund“ Onegin. Pavol Breslik wäre von der Ausstrahlung her viel eher als Onegin durchgegangen… Trotz einer ganz kleinen Unsicherheit bei „Kuda kuda“ muss man ihm eine wirklich gute Leistung zugestehen – auf jeden Fall war er einer der Highlights des Abends.

Leider ist die große Zeit des Ferrucio Furlanetto nun auch schon etliche Jahre vorbei. Nach der Vorstellung erhielt er genauso viel Zustimmung wie Rebeka und Pinkhasovich – das war aber mit Sicherheit seiner 34-jährigen Karriere an der Staatsoper und nicht der Leistung an diesem Abend zu verdanken. Nach wie vor kann er mit einer profunden Tiefe überzeugen, aber sonst war da nicht mehr viel da. Es tat mir weh diesen verdienten Sänger in dieser Verfassung erleben zu müssen. Dass sein russisch schwer verständlich war kam auch noch dazu. Einfach Schade…

Apropos russich – die Figur des „Monsieur Triquet“ ist ja die eines Franzosen, der auch teilweise russisch spricht. In dieser Serie ist mit Pavel Kolgatin ein Russe, der auch teilweise französisch spricht, eingesetzt. Er lieferte zufriedenstellend ab – dass er als „Lagerfeld-Verschnitt“ auftreten muss, sollte der Direktion ein Extra-Schmerzensgeld wert sein…

Von dem starken Akzent abgesehen war ich mit den Leistungen von Monika Bohinec (Larina) und Aura Twarowska (Filipjewna) sehr zufrieden. Besonders Bohinec überzeugte durch ihre Persönlichkeit und beherrschte die erste Szene! Schlussendlich sei auch noch Margarita Gritskova erwähnt, die zufriedenstellend (aber auch nicht mehr) die Olga sang, deren Bühnenwirkung aber in den gemeinsamen Szenen von Pavol Breslik und Monika Bohinec in den Schatten gestellt wurde.

Egal in welcher Rolle ich Igor Onishchenko (dieses Mal als Hauptmann/Saretzki) sehe und höre – er kann mich nicht überzeugen und ich bemerke auch keine Entwicklung bei ihm.

Alles in allem ein guter Repertoireabend mit einer interessanten Neubegegnung und dem Abgesang eines verdienten Künstlers.

Kurt Vlach

 

 

 

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