
Pavel Cernoch als Lenski (C) M.Pöhn
WIEN/ Staatsoper: „EUGEN ONEGIN“ am 3.3.2018. Gewöhnung ist der Ersatz des Himmels für das Glück
singt Larina im Quartett des ersten Bildes. Das passt auch zu der Inszenierung, die alle in der Musik lodernden Gefühle ins Tiefkühlfach verfrachtet. Während außerhalb des Opernhauses die Kältewelle zu Ende geht, bleibt die Inszenierung von Falk Richter eingefroren und es gilt „Let it snow“.
Diese jugendliche Larina ist Stephanie Houtzeel, welche die Partie in dieser Aufführungsserie erstmals singt (und zwischen zwei Aufführungen noch Zeit findet, an der Komischen Oper den Xerxes zu gestalten). Ihre beiden Töchter sind die lebenslustige Olga, die von Margarita Gritskova mit einem schönen Alt gesungen wird und die introvertierte Tatjana von Olga Bezsmertna. In ihrer Briefszene kann sie die gesamte Palette ihrer Stimmfarben zeigen, vom verträumten, schwärmerischen Mädchen bis zu den Jubeltönen über die erhoffte Erfüllung ihrer Sehnsucht.
Das Objekt ihrer Sehnsucht ist Mariusz Kwiecień als Titelheld. Ein sorgloser junger Mann, der zuviel Tagesfreizeit hat und keine wirklichen Aufgaben für sich erkennen kann. Dass er mit seinen Bindungsängsten andere brüskiert, wird ihm ebenso wenig bewusst, wie er die Eifersucht seines Freundes verstehen kann. Dieser Lenski wird von Pavel Černoch mit hellem Tenor gesungen, der die der Partie innewohnende Melancholie wunderbar transportiert, nicht nur in der berühmten Kuda – Arie, sondern auch in seinen lyrischen Solostellen des ersten und vierten Bildes. Als Filipjewna ist seit einiger Zeit wieder die „Amme vom Dienst“ Aura Twarowska zu erleben, die mit viel Stimme aufwarten kann. Pavel Kolgatin als Monsieur Triquet hat die perfekten Voraussetzungen für ein Französisch mit russischem Akzent und gestaltet sein Couplet äußerst effektvoll.
Im vorletzten Bild hat dann Ferruccio Furlanetto seinen Auftritt als Gremin. Die Stimme scheint durch die Kältewelle eine leichte Irritation erlitten zu haben, aber er hat mehr als genug Erfahrung, um diese Partie, die ja hauptsächlich aus der populären Arie besteht, sicher über die Runden zu bringen.
Louis Langrée am Pult ist kein Freund langsamer Tempi, obwohl beispielsweise die Stimme von Pavel Černoch in der Arie bei etwas langsameren Tempo besser zum Klingen käme. Auch die Polonaise muss nicht im Tarantella-Tempo sein. Insgesamt kostete der Dirigent allerdings die orchestralen Farben aus und war darauf bedacht, die Sänger nicht zuzudecken.
Der Chor unter Thomas Lang war sowohl in Arbeitskluft mit Installateurkoffern als auch als überdrehte Partygesellschaft präsent.
Wolfgang Habermann