Michael Volle (Orest). Foto: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn
Elektra – Wiener Staatsoper at its best. 12.2.2020
Es ist kaum zu glauben, dass in der über ein Jahrhundert andauernden R.Strauss-Tradition des Hauses eine Steigerung vergangener Superlative noch möglich ist. Gestern war sie unter Semyon Bychkov zu erleben: Zwei Damen mit Weltkarriere um die 50, aber fast No-names für das Wiener Publikum, konnten endlich ihre zum Niederknien schönen Stimmen präsentieren. Dies waren Christine Goerke (Elektra) und Simone Schneider (Chrysothemis), die schon einmal als Sieglinde in der Staatsoper zu hören war. Ihre Soprane haben ganz unterschiedliches Timbre, aber besitzen beide eine Gesangskultur, deren Maxime nicht aus dem Fitness-Studio stammen, sondern an Mozart, Lied und Oratorium orientiert sind. Die Frage drängt sich auf, weshalb diese großartigen Künstlerinnen in der Vergangenheit nicht für wert befunden wurden, öfters in Wien zu singen.
Christine Goerke, Waltraut Meier. Foto: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn
Dazu kam Waltraut Meier als Klytemnästra, die überzeugend die Abgründe menschlicher Leidenschaften gestaltete. Neben den überragend guten Damen sangen die Herren als ebenbürtige Partner: Der Bariton Michael Volle, einer der ganz Großen seines Fachs, sang den Orest und setzte mit seinem satten warmen Ton Maßstäbe. Eine wirklich memorable Aufführung – vielleicht die beste der letzten Jahrzehnte.
Dr. Christian Beinhoff