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WIEN/ Staatsoper: ELEKTRA – vierte Vorstellung der Premierenserie

08.04.2015 | Oper

WIEN/ Staatsoper: ELEKTRA am 7.4.2015

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Nina Stemme. Foto: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

 Über die Regie und das Bühnenbild wurde von meinen KollegInnen schon genug geschrieben, daher erspare ich mir das zum Großteil. Offen gesagt, finde ich die Produktion von Uwe Eric Laufenberg weitgehendst gelungen, nur der Schluss ist absolut übel und hatte meiner Meinung nach viel zur heftigen Ablehnung bei der Premiere beigetragen. Wenn ein Opernhaus noch keine Elektra im Repertoire hätte, so wäre diese Deutung (ohne den Schluss) durchaus begrüßenswert – es wird die Handlung erzählt. Allerdings erscheint es mir im Falle der Staatsoper in Wien eine Geldverschwendung, die Kupfer-Inszenierung abzusetzen und durch eine andere gefällige (wenn man bei Elektra überhaupt von „gefällig“ sprechen kann) zu ersetzen.

 Nicht sehr glücklich kann man auch mit der Deutung von Mikko Frank sein. Das Staatsopernorchester spielte ziemlich getragen – ich wünsche mir eine packendere, stringentere Interpretation.

 Nina Stemme in der Titelrolle ist zur Zeit in einer bestechenden Form. Ihre leicht abgedunkelte Stimme unterstützt sie bei ihrer Wortdeutlichkeit und sie wirkt – was doch manchmal bei anderen Künstlerinnen vorkommt – auch in exponierten Lagen niemals schrill. Es gelingt ihr ein überzeugendes Rollenporträt der griechischen Königstochter.

 Auch an diesem Abend gab es eine Umbesetzung bei der Chrysostemis. Gun-Brit Barkmin debütierte in dieser Rolle in Wien (vorher war sie unter anderem hier als Salome zu hören) und erbrachte die meiner Meinung nach beste Leistung des Abends. Ihr passte das weiße Kleid hervorragend, sie war eine ebenbürtige „Gegenspielerin“, extrem wortdeutlich und absolut höhensicher. Für mich die überzeugendste Interpretin dieser Rolle seit vielen Jahren.

 Ob die Schreie der Klytämnestra dazu angehalten sein sollen das Publikum zu erheitern, das wage ich zu bezweiflen. So ist es aber geschehen. Anna Larsson „schmiss“ den zweiten Schrei ziemlich und sorgte damit für einen unfreiwilligen Gag. Auch sonst fehlte ihrer Interpretation alles Dämonische, was zum Beispiel Agnes Baltsa auszeichnete. Bis auf die gut gelungene Maske gab es nichts, was eine Aura des Wahnsinns erzeugen konnte.

 Unter den vielen kleineren weiblichen Rollen sei positiv die 5.Magd von Ildiko Raimondi herausgehoben – Raimondi gelang ein auch stimmlich überzeugendes, intensives Rollenporträt. Die Mägde (Monika Bohinec, Ilseyar Khayrullova, Ulrike Helzel, Caroline Wenborne), Vertraute (Simina Ivan), Schleppträgerin (Aura Twarowka) und Aufseherin (Donna Ellen) waren allesamt rollendeckend.

 Falk Struckmann hat sich in der letzten Zeit in Wien rar gemacht (oder je nach Interpretation „wurde er rar gemacht“). Er war schauspielerisch so intensiv wie immer, hat nach wie vor genügend Volumen, war sehr wortdeutlich. Allerdings bemerkt man, dass er schon seit vielen Jahren im Geschäft ist – ein leichtes Flackern war unüberhörbar.

 Mit etwas zu viel Druck auf der Stimme agierte Norbert Ernst als Aeghist – da wurden Erinnerungen an seinen Erik wach. Benedikt Kobel sprang kurzfristig als Junger Diener ein – auch da wurden nicht alle Erwartungen an die Rolle erfüllt. Marcus Pelz (Alter Diener) und Wolfgang Bankl (Pfleger des Orest) ergänzten.

 Die Vorstellung war ausverkauft, der Stehplatz komplett voll und das Publikum feierte die Sänger ausgiebig.

 Kurt Vlach

 

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