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WIEN / Staatsoper: DON GIOVANNI

11.10.2012 | Oper

WIEN / Staatsoper:
DON GIOVANNI von W. A. Mozart
15. Aufführung in dieser Inszenierung
11. Oktober 2012

Manches an der Besetzung dieser „Don Giovanni“-Serie hat so interessiert, dass man sich (entgegen des eigenen inneren Schwurs „Nie wieder!“ – was gebe ich auf mein Geschwätz von gestern) wieder in diese Inszenierung geschleppt hat. Schließlich sang der Schwede Peter Mattei, der im Vorjahr als Eugen Onegin so beeindruckt hat, die Titelrolle – und was man von seinem Don Giovanni als Vorgeschmack von der Scala-Eröffung (arte sei Dank) mitbekommen hat, bestätigte sich. Der Mann – so groß, so schlank, so „damn good looking“ würde man auf Englisch sagen – erfüllt schon optisch alle Voraussetzungen des Frauenhelden, da bleibt kein Wunsch offen. Dazu kommt sein eleganter, wirklich geschmeidiger Bariton, dem an der Rolle nichts zu schwierig ist: Die Nagelprobe jedes Giovanni, die Champagner-Arie, schaffte er mühelos. Natürlich kann man die Figur interessanter, differenzierter zeichnen (man sieht es an Keenlyside, sowohl die Aufnahme aus Zürich wie jene aus London), aber der lockere, skrupellose Zynismus, mit dem Mattei den Giovanni spielte, gab ihm innerhalb des unglückseligen Wiener Abends wahrlich Kontur und Nachdruck.

Er war von einigen ganz beachtlichen Herren umgeben, vor allem Wolfgang Bankl, dem der Leporello sehr gut in der Kehle liegt. Mit einer schräg in die Stirne hängenden Haarlocke erinnerte er an Terfl, vielleicht nicht ungefähr, denn man meinte auch dessen Tendenz zu erkennen, wirklich miese Kerle auf der Bühne überzeugend zu profilieren.

Benjamin Bruns, von dem sich der Direktor einst so viel erwartet hat und von dem man nach einem prächtigen Rossini-Almaviva als Einstieg gar nicht mehr so viel gesehen hat, sang seinen ersten Don Ottavio am Haus und konnte wieder einmal voll zeigen, was er kann – souveräne Piano-Kultur bei „Dalla sua pace“ und hervorragenden Mozart-Stil bei „Il mio tesoro“. Vielleicht zählt er zu jenen Sängern, die immer ein bisschen brav und still auf der Bühne stehen, aber das wird sich schon ändern.

Alessio Arduini, der in der sommerlichen Salzburger „Bohème“ der Schaunard war und anderswo (Bologna oder Bari) selbst den Giovanni singt, gab seinen Einstand an der Staatsoper als Masetto , den die Regie ja als Mafioso zeichnet, mit dem nicht gut Kirschen essen ist – was der junge Italiener mühelos glaubhaft macht: Aber wer würde nicht tobsüchtig, wenn sich die Braut dermaßen daneben benimmt?

Etwas schwach auf der Brust Albert Dohmen, aber Il Commendatore kommt am Ende ja aus dem Grab, das schwächt…

Wenn man wieder einmal betonen muss, wie schwer die drei Frauenrollen des „Don Giovanni“ zu besetzen sind, ist das kein gutes Zeichen. An diesem Abend galt das noch am wenigsten für Ileana Tonca, die eine sympathische Zerlina gab – kein Zaubergeschöpf, aber sie ist ja in dieser Inszenierung ohnedies geerdet und eher an den Rand gerückt. Ileana Tonca kann, bei den dreizehn Jahren, die sie inzwischen am Haus ist, nicht mehr so jung sein, wie sie aussieht, aber sie hat sich glücklicherweise neben der optischen Jugendlichkeit auch jene der Stimme bewahrt, und so war sie an diesem Abend vergleichsweise ein Genuß, der unforciert ins Ohr kam.

Denn die Lettin Marina Rebeka, die an diesem Abend – wie Arduini – am Haus debutierte, scheint stimmlich einzig und allein aus Schärfe zu bestehen. Nicht nur, wenn Donna Anna ihre Spitzentöne in die Luft jagen muss (und das geschieht bekanntlich sehr oft), zerschneidet sie messerscharf gnadenlos die Trommelfelle, auch im scheinbaren Mezzavoce hört man nichts Angenehmes. Auf Anhieb konnte die attraktive Dame wahrlich nicht überzeugen. (Warum in den Kurzbiographien am Programmzettel übrigens zahlreiche ihrer Karriere-Stationen vermerkt sind, ihre Volksopern-Traviata hingegen fehlt, erkläre uns einmal einer – ist es eine Schande, am anderen Haus gesungen zu haben?)

Alexandra Reinprecht muss sich für ihre erste Donna Elvira einen persönlich schwarzen Tag ausgesucht haben, denn man kennt sie doch als Pamina – aber man hörte nur stimmflackernde Überforderung von der ersten bis zur letzten Arie (wobei „Mi tradi“ besonders wackelte). Das kann nur besser werden, das muss besser werden.

Am Pult stand der Amerikaner James Gaffigan mit einer durchaus unterschiedlichen Leistung – hörte man schöne Aufschwünge und auch sensibles Begleiten von Arien, und doch schien es manchmal, als würde er in den Schwierigkeiten der Partitur untergehen. Da kann man sich am Ende nur auf die Wiener Philharmoniker verlassen…

Zum Schluss noch, lieber Herr Direktor Meyer: Diese Inszenierung ist ein Schmarrn, die Ausstattung gehört auf den Sperrmüll, die Beleuchtung (das Wort „Lichtregie“ will man nicht in den Mund nehmen) ist eine Katastrophe. Dagegen waren de Simones Kostümshow und Zeffirellis Bambus-Jalousien Kult. Und übermorgen bei „Figaro“ mehr vom gleichen Martinoty… Das Leben des Opernfreundes ist nicht immer nur angenehm.

Renate Wagner

 

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