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WIEN/ Staatsoper: DON GIOVANNI – zweite Vorstellung dieser Aufführungsserie

WIEN / Staatsoper: „DON GIOVANNI“ – 16.04.2024 –

Zweite Vorstellung dieser Aufführungsserie

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Federica Lombardi, Antonio di Matteo, Bogdan Volkov. Foto: Wiener Staatsoper/Michael Pöhn

 

 Die aktuelle Aufführungsserie von Mozarts „Don Giovanni“ an der Wiener Staatsoper ist von einigen Absagen betroffen. Aber der Wiener Staatsoper gelang es ausgezeichneten Ersatz zu finden.

Der Tenor Edgardo Rocha aus Uruguay, der schon die Aufführungsserie von Rossinis “La Cenerentola” absagen musste, hat sich auf Facebook mit einer Videobotschaft an seine Fans gewandt. Mit rauer und tiefer Stimme hat er humorvoll gemeint, dass seine Stimme derzeit mehr für den Commendatore als für Don Ottavio geeignet wäre und er wegen der anhaltenden Viruserkrankung leider gezwungen ist auch die „Don Giovanni“-Aufführungen absagen zu müssen. Aber er hat versprochen in der nächsten Spielzeit in mehreren Partien an die Wiener Staatsoper zurückkehren zu wollen. Der Staatoper ist es gelungen Bogdan Volkov, der bereits im Jänner den Don Ottavio gesungen hat, als Einspringer zu gewinnen. Mit seinem hellen Tenor und schöner Phrasierung war er wirklich mehr als nur ein guter Ersatz und erhielt für seine beiden edel gesungenen Arien viel Applaus.  

In der von mir besuchten zweiten Vorstellung sagte auch noch Slávka Zámečníková ab und es musste kurzfristig Ersatz für die Donna Anna gefunden werden. Federica Lombardi, die soeben einen großen persönlichen Erfolg an der Staatsoper als Amelia Grimaldi in Verdis „Simon Boccanegra“ errungen hat, sprang ein und glänzte vor allem in den beiden großen Arien mit ihrer reinen, vibratoarmen Sopranstimme, die für Mozart wie geschaffen zu sein scheint. Da sie in der letzten Aufführungsserie im Jänner die Donna Elvira gesungen hat, hatte sie auch keine Probleme sich in der Vulkanlandschaft auf der Bühne zurechtzufinden. Über die kleinen musikalischen Unsicherheiten im Schlusssextett kann man in Anbetracht des kurzfristigen Einspringens gerne hinwegsehen.

Die Donna Elvira wurde an diesem Abend von Nicole Car überzeugend gestaltet und gesungen und Isabel Signoret ist eine bezaubernde Zerlina mit apartem Timbre. Ihr Masetto (Jusung Gabriel Park aus dem Opernstudio) bedarf aber noch dringend der szenischen Unterstützung durch einen Regisseur. Antonio di Matteo sang wie bereits im Jänner den Commendatore.

Bertrand de Billy mühte sich mit dem nicht gerade bestens disponierten Orchester der Wiener Staatsoper ab. (Die erste Besetzung dürfte wohl derzeit für die Konzerte mit Christian Thielemann und Kirill Petrenko abgestellt sein.)

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Andrzej Filończyk, Antonio di Matteo, Christopher Maltman. Foto: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

In meinem Bericht über die „Don Giovanni“-Vorstellung vom 6.2.2023 habe ich u.a. festgehalten, dass diese Produktion einzig und allein von dem Duo Kyle Ketelsen – Philippe Sly lebt und exakt auf die Persönlichkeit dieser beiden Sänger zugeschnitten ist. Leider hat sich das bewahrheitet. Bereits in der Jänner-Serie (mit Christian Van Horn als Don Giovanni und Peter Kellner als Leporello)  hat diese Inszenierung nicht mehr richtig funktioniert und das hat sich auch mit der Neubesetzung der Partien in der laufenden Serie wiederholt. Ketelsen und Sly waren ungefähr gleich groß, sahen wirklich wie Brüder aus und klangen auch ähnlich. Die beiden sind wirklich ein eingespieltes Team, wobei sie auch schon – wie z.B. in Lyon – die Rollen getauscht haben. Nun wurden die Rollen neu besetzt mit Andrzej Filończyk als Don Giovanni und Christopher Maltman als Leporello.

Andrzej Filończyk hörte ich erstmals 2016 bei den Salzburger Festspielen an der Seite von Plácido Domingo in einer konzertanten Aufführung von Massenets „Thais“. Damals war der polnische Bariton gerade einmal 21 (!) Jahre alt und Teilnehmer am Young Singers Project. In der Zwischenzeit hat er eine steile Karriere gemacht und debütierte nun als Don Giovanni im Haus am Ring. Er besitzt einen schön timbrierten, lyrischen Bariton, der allerdings derzeit für die Wiener Staatsoper noch zu klein ist, zumindest in Inszenierungen mit offener Bühne. (Haben heutige Bühnenbildner tatsächlich keine Ahnung mehr über die akustischen Konsequenzen von offenen Bühnenräumen?) Aber der junge Sänger berechtigt zu großen Hoffnungen für die Zukunft.

Donna Elvira & Co müssen an diesem Abend ja blind und blöd gewesen sein um beim Rollenwechsel im 2. Akt getäuscht zu werden. Denn in der Körpergröße war zwischen Giovanni und Leporello ein großer Unterschied – und auch stimmlich. Leporello hatte eine dreimal so große Stimme wie der Titelheld. Christopher Maltman, unvergessen als Don Giovanni bei den Salzburger Festspielen, an der Berliner Staatsoper und am Teatro Real Madrid in der überzeugenden Claus Guth-Inszenierung, dominierte stimmgewaltig als Leporello das Bühnengeschehen.

Womit wir wieder bei der Inszenierung von Barrie Kosky wären. Von der Personenführung ist kaum noch etwas zu erkennen. Jeder Sänger macht auf der Bühne, was er will bzw. was er kann. Dadurch stellt sich auch über weite Strecken tödliche Langeweile ein. Also wozu hat man dann diese Neuinszenierung herausgebracht? Schlecht und langweilig war auch die vorhergehende „Don Giovanni“-Inszenierung.

Das größtenteils aus photographierenden und mit dem Handy spielenden Touristen bestehende Publikum spendete kurzen, aber laustarken Applaus.

 Walter Nowotny

 

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