Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

WIEN/ Staatsoper: DON GIOVANNI – Testosteronspur

31.10.2015 | Oper

Wiener Staatsoper “DON GIOVANNI”
Die Musik ist vom Hrn. Wolfgang Mozzart
Kapellmeister in wirkl. Kaiserl. Diensten
30.Oktober 2015 33 Aufführung in dieser Inszenierung

 Testosteronspur

 Keine Frage, mit Mariusz Kwiecien als Giovanni und Erwin Schrott als Leporello zog sich eine Testosteronspur durch das Dramma Giocoso da Pontes, da blieb sogar die Partitur geschlossen und Adam Fischer widmete sich mit Erfolg und ohne sich in den Noten zu vergraben der Dramatik der Mozartschen Musik. Kein guter Tag für die Damen des Stücks, keine Hoffnung für deren verwundete Psychen. Dazu passte auch das Halbdunkel dieser Inszenierung, die keine barocke Tändelei zulässt und welche der, diesem Stück innewohnende sexuelle Brutalität den richtigen Rahmen gibt.

Kwiecien (c) Mikolaj Mikolajczyk
Mariusz Kwiecien. Foto: Mikolaj Mikolajczyk

Dieser Giovanni des Mariusz Kwiecien ist jener moderne Typ des Verführers, dessen Lusterfüllung sofort präsent zu sein hat, kein Frauenversteher ist da am Werk, sondern ein genialer Blender, dessen einziges Ziel die schnelle Befriedigung ist und wehe, es stellt sich jemand dabei in den Weg. Das kann dann schon tödliche Folgen haben. Nun haben wir ja über den Charakter der Titelrolle immer gewusst, zu selten stellt diese aber jemand in Spiel und Gesang so perfekt auf die Bühne, jedenfalls zählt Kwiecien zu ihnen mit seinem lockenden, bei Bedarf auftrumpfenden Bariton, mit dem er die Frauen schwindelig singt und mit seinem agilen, lustversprechendem Gehabe Erfolg hat.

Eigentlich kein Gegenspieler sondern nur ein alter ego auf unadeligem Niveau, ein brutaler Gehilfe für die Launen seines Herrn aber auch köstlich aufmüpfig und rebellisch gespielt: Erwin Schrott mit virilem Bassbariton und schalkhaftem Humor.

Da haben die Gegenspieler dieser beiden Herren wenig Chance auf ausgleichende Gerechtigkeit, weder bei da Ponte noch auf der Bühne: Benjamin Bruns outet sich als Don Ottavio mit seinem gut klingenden Tenor als tatenloser Beschwichtiger, darf wenigstens seine ins Ohr gehenden und von ihm sauber exekutierten Paradearien abliefern und soll sich nicht wundern, dass seine Donna unter dem Deckmantel der Auszeit letztlich ja doch verschwinden wird. Jongmin Park ist der brutale Bauernlümmel mit der guten Stimme und bleibt wahrscheinlich auch so. Und die von Sorin Coliban eingesetzten erheblichen und bedrohlichen Stimmmittel allein nutzten ihm nichts im Duell mit dem Schänder seiner Tochter. Ihm blieb wenigstens der Genuss der Höllenfahrt seines Gegners – eine überzogen inszenierte Reminiszenz an das Barocktheater in dieser Regie von Jean-Louis Martinoty.

Verbleiben die Damen, die im erotisch verseuchten Kielwasser Giovannis treibend mit der ungelösten Frage leben müssen: War ich nun Opfer meiner Neugierde, meiner Gier, meiner echten Gefühle, meiner Naivität? Zur Verzeihung waren sie ja alle immer wieder bereit für den, der ihnen für wenige Augenblicke vermeintliche Zuneigung, zumindest aber körperliche Liebe schenkte.

Marina Rebeka war die ausgezeichnete Donna Anna, Juliane Banse, diesmal nicht ganz in bester Form, aber trotzdem beindruckend in Haltung und Ausdruck die Donna Elvira und Andrea Caroll, seit September Ensemblemitglied unterstrich ausdrücklich die gute Wahl ihres Engagements, in ihrer Rolle der Zerlina allerdings hatte schon weniger Glück bei der Wahl für den Partner. Sie sollte sich einmal mit Don Ottavio bei einem Glas Malvasino treffen.

“Questo é il fin di chi fa mal!”

Peter Skorepa

MERKEROnline

 

 

 

Diese Seite drucken